Kluger Egoismus?

Michael Ermrich wird Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Die Belegschaft von Opel Bochum hat sich in diesen Tagen mit Dreiviertelmehrheit gegen ein »Deutschland-Plan« genanntes Sanierungskonzept des Managements ausgesprochen. Die Antwort kam postwendend: Dann wird das Werk noch schneller abgewickelt. War es das, was Sie als Betriebsratschef erreichen wollten?
Ermrich: Nein, auf keinem Fall. Aber diese Reaktion ist bezeichnend. Zeigt sie doch: Es war auf jeden Fall eine Abwicklung des Werkes geplant! Und das sollten wir akzeptieren. Doch die Bochumer Belegschaft sagte, wir wollen nicht abgewickelt werden, weder moderat in 2016 noch in einer Hardcorevariante zwei Jahre vorher.

Das klingt, als wären Sie von der Reaktion überrumpelt worden.
Die Reaktion war nicht unbedingt überraschend, sie war aber weder glücklich noch klug.

Ist das letzte Wort über Bochum schon gesprochen?
Wir sind das einzige Werk, in dem der »Zafira« gebaut wird, das letzte Automodell, mit dem Opel noch gutes Geld macht. Es gibt kein anderes Werk, das die Produktion übernehmen kann, bis ein Nachfolgemodell gebaut wird. Es sei denn, man verlagert die Produktion für 200 Millionen Euro oder stellt die Produktion erst einmal ganz ein.

Gesamtbetriebsrat, IG-Metall-Gewerkschafter und Belegschaften an den anderen deutschen Opelstandorten Rüsselsheim, Kaiserslautern und Dudenhofen haben das Werk Bochum zum Abschuss freigegeben. Wie fühlt man sich da?
Es gab eine Vorlage, die vorsah, das Bochumer Werk zur Schließung bereit zu geben. Im Gegenzug sollte Mutterkonzern General Motors Finanzmittel bereitstellen, um die anderen Opelstandorte zu retten. Diese Plan wurde insbesondere von Wolfgang Schäfer-Klug, dem Vorsitzenden des Rüsselsheimer und Gesamtbetriebsrates, zudem Vizevorsitzender des Opel-Aufsichtsrates, unterstützt. Schäfer-Klug hat der IG Metall die Verantwortung über die Sanierung von Opel übertragen. So bleibt man selbst sauber. Bei den anderen Standorten setzte sich dann die Meinung durch: Wenn schon ein Standort geopfert wird, dann ist es wichtig, dass wir es nicht sind.

War es wenigstens kluger Egoismus, die Solidarität mit Bochum aufzukündigen?
Nein, das war nicht nur unsolidarisch, sondern auch kurzsichtig. Wenn man solch einer Entscheidung - Geld gegen Schließung eines anderes Werks - einmal zustimmt, dann kann kein Werk künftig mehr sicher sein.

Wie bewerten Sie die Rolle der IG Metall, insbesondere in NRW?
Die IG Metall in NRW hat den Plänen nicht zugestimmt, weil es darin keine verbindlichen Zusagen für das Bochumer Werk gab. Das rechne ich ihr hoch an. Sie hat aber diesen wichtigen Grund zum Schluss nicht mehr genannt.

Warum nicht?
Sie stand wohl unter dem Druck der Gesamtorganisation. Im Nachhinein sind viele entsetzt über das Handeln von GM. Aber noch mehr Kollegen sind enttäuscht über das Verhalten unserer eigenen Organisation. Da gibt es noch viel Klärungsbedarf. Die IG Metall hat der Bochumer Belegschaft vorgeschlagen, der Abwicklung des eigenen Werks zuzustimmen. Das hat Spuren hinterlassen.

Fragen: Marcus Meier

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