Der Gipfel der Endlagersuche

Bundesumweltministerium und Niedersachsen suchen nach Kompromiss für Gorleben

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Heute trifft sich Umweltminister Peter Altmaier (CDU) mit Vertretern der niedersächsischen Landesregierung zu Gesprächen über die Endlagersuche. AKW-Gegner wollen protestieren.

Ein Durchbruch bei den Gesprächen über ein Endlagersuchgesetz steht kurz bevor - mal wieder. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hat Spitzenvertreter von SPD und Grünen sowie die Ministerpräsidenten der Länder für heute zu einer »entscheidenden« Gesprächsrunde nach Berlin eingeladen. Vor der Niedersächsischen Landesvertretung, wo die Verhandlungen stattfinden, wollen zeitgleich Atomkraftgegner demonstrieren. Sie wenden sich vor allem dagegen, bereits jetzt ein Endlagergesetz festzuzurren.

Altmaier, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und dessen Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) hatten kürzlich Eckpunkte für das weitere Verfahren vereinbart. Demnach soll eine 24-köpfige Kommission Vorschläge für das Suchverfahren machen - bindend wären sie allerdings nicht. Zudem sollen auf Drängen Niedersachsens die umstrittenen Castor-Transporte nach Gorleben bis auf weiteres eingestellt werden. Im Gegenzug wird der Salzstock im Wendland nicht von vornherein bei der Suche nach einem Endlager ausgeschlossen, wie es SPD und Grüne in Niedersachsen zunächst gefordert hatten. Dieser Kompromiss soll Grundlage bei den heutigen Gesprächen sein.

Der »Spiegel« meldete am Wochenende zudem unter Berufung auf den jüngsten Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums, dass insgesamt fünf mögliche Standorte oberirdisch erkundet werden sollen. Zwei davon könnten dann untertägig untersucht werden. Das Auswahlverfahren solle 2031 abgeschlossen sein. Dem Magazin zufolge belaufen sich die Kosten für die weitere Suche auf rund zwei Milliarden Euro.

Ein Sprecher Altmaiers dementierte den Bericht teilweise. »Da vor Beginn des eigentlichen Standortsuchprozesses eine Bund-Länder-Kommission bis Ende 2015 Grundsatzfragen der Endlagerung erörtern soll, entbehrt es zum jetzigen Zeitpunkt jeglicher Grundlage, über die Zahl zu erkundender Standorte zu spekulieren«, sagte er.

Anti-Atom-Initiativen und Umweltorganisation lehnen den Kompromiss von Altmaier und Niedersachsen strikt ab. Es mache keinen Sinn, erst ein Gesetz zu verabschieden und dann eine Kommission einzusetzen, die Grundlagen zum Suchverfahren erarbeiten solle, sagt etwa Wolf-Rüdiger Marunde von der atomkraftkritischen Bäuerlichen Notgemeinschaft des Wendlands. Diese »verkehrte Reihenfolge« sei ein »geschickter Schachzug, mit dem die Parteien ihr bereits ausgehandeltes Endlagersuchverfahren jetzt schon festzurren und gegen unerwünschte Nachbesserungen absichern können«. Auch der Atomexperte von Greenpeace, Mathias Edler, bezeichnet das geplante Vorgehen als »unsinnig«. Zunächst müssten die Ergebnisse der Kommission abgewartet und in einem zweiten Schritt das Gesetz verabschiedet werden.

Spätere Änderungen am Endlagersuchgesetz seen zwar theoretisch denkbar, sagt Marunde. Aber die Zusammensetzung der Kommission solle »weitgehend nach Parteienproporz« ausgehandelt werden. Damit würden die für Änderungsempfehlungen notwendigen Zweidrittelmehrheiten äußerst unwahrscheinlich. »Das gilt speziell für die Festschreibung des Standortes Gorleben im Gesetz, aber auch für andere umstrittene Regelungen«, so Marunde.

Nach Ansicht von Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation »ausgestrahlt« gibt es keinen sachlichen Grund für Hektik bei der Verabschiedung des Gesetzes. »Wer behauptet, das Gesetz müsse nun in aller Eile vor der Sommerpause durchgepeitscht werden, weil es nach der Bundestagswahl möglicherweise keine Bereitschaft der Parteien zum Konsens mehr gibt, der macht deutlich, dass es den beteiligten Politikern nicht um einen verantwortungsvollen Umgang mit einem großen Problem geht, sondern um kurzfristige parteitaktische Vorteile.«

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