Frauenverbrüderung, wie das denn!

Um einem Oppositionserfolg vorzubeugen, sammelte Merkel die Anhängerinnen einer Gesetzesquote ein

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie viel Weiblichkeit vertragen die Wirtschaftseliten in Deutschland? Vor der Wirtschaft muss die Politik, die diese Frage aufgeworfen hat, sie selbst beantworten. Und das ist kompliziert genug. Am Donnerstag kommt es im Bundestag zum Schwur.

Frauen schaffen es in Deutschland bis an die Spitze, und im Fall der Bundeskanzlerin wird nicht selten spekuliert, welchen Anteil ein womöglich typisch weiblicher Führungsstil an ihrem Erfolg hat. Soeben ist in Berlin das Gerücht aufgekommen, dass Angela Merkel bereits ihren Abgang als selbstbestimmten Akt planen könnte. Damit würde ihr ein in der Reihe deutscher Regierungschefs selten souveräner Abschied gelingen.

Nein, bisher gibt es keine Informationen, es gibt vielmehr ein Dementi des Kanzleramts, aber ein Buch mit dem ambivalenten Titel »Die Zauderkünstlerin« legt obigen Schluss nahe. Einfach auf Grund einiger Überlegungen des Autors, Nikolaus Blome von »Bild«, die womöglich ins Schwarze treffen, vielleicht aber auch nicht. So ist sie, die Welt der politischen Medien. Immerhin erscheint es nicht abwegig, dass Merkel - für den Fall einer weiteren Kanzlerschaft nach der Bundestagswahl am 22. September - keine volle Amtsperiode mehr absolvieren, sondern eine geordnete Übergabe zur Mitte der Amtszeit vorbereiten könnte. Und mit 60 Jahren hätte sie dann volle zehn Jahre durchregiert. Ihr traut man das eher zu als manchem Mann ...

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Die Spekulationen fallen mitten in eine kleine Unionskrise hinein, die die Opposition mittels ihrer Macht im Bundesrat angezettelt hat und deren Fortgang sie nun händereibend beobachtet. Es geht um die am Donnerstag im Bundestag bevorstehende Abstimmung über eine umstrittene Frage, die die Länderkammer beantwortet und in eine Gesetzesinitiative gegossen hat: eine gesetzliche 40-Prozent-Frauenquote in Aufsichtsräten von DAX-Unternehmen bis zum Januar 2023.

Erfolg geht auch an Frauen nicht spurlos vorbei. Und offenbar ist es eine Regel, dass erfolgreiche Frauen wie Angela Merkel oder ihre Kolleginnen in anderen Fraktionen den zu behebenden Mangel an Gleichberechtigung vor allem ganz oben in den Hierarchien ansiedeln. Die Vierzigprozentgarantie für deutsche Wirtschaftsführungsetagen - der Entwurf aus der Länderkammer hat die nötige Mehrheit im vergangenen September nur durch die Zustimmung auch zweier von CDU-Frauen geführten Bundesländer, nämlich Thüringen und Saarland, erhalten. Eine solche Quote wäre im Sinne vieler Frauen auch in den Bundestagsfraktionen von Union und FDP, ganz im Sinne vor allem aber der Bundesarbeitsministerin, Ursula von der Leyen. Diese ficht bereits seit längerem einen Strauß vor allem mit Familienministerin Kristina Schröder (CDU) aus, die zwar in der gleichen Partei, aber nicht der gleichen Ansicht ist. Vielmehr bevorzugt sie die sogenannte Flexiquote, das heißt, sie will den Unternehmen die Entscheidung überlassen. So wie bisher.

Am Montag nun hat Angela Merkel gewohnt geräuscharm, aber wirkungsvoll Frieden erzwungen. Der Kompromiss, im CDU-Vorstand mit zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung erzielt, sieht die Aufnahme einer auf 30 Prozent reduzierten Quote ins nächste Wahlprogramm vor. Bis dahin soll die Flexiquote gelten.

Ob der erzielte Kompromiss alle Abweichlerinnen der Regierungsfraktionen besänftigen kann, die Medienberichten zufolge mit dem Gedanken spielten, am Donnerstag dem Bundesratsantrag zu folgen, weil sie seinen Inhalt vernünftig finden, ist noch nicht endgültig zu beantworten. Insgesamt 21 Abgeordnete aus dem schwarz-gelben Lager würden reichen, den Antrag mit der Opposition durchzupauken.

Dies jedoch, das Abstimmen für einen Antrag der Opposition ist der größte anzunehmende Unfall einer Regierungsfraktion und wird als unzulässige Fraternisierung behandelt, auch bei Frauen. Ein solcher Fall würde vielleicht neue Betrachtungen über die Potenzen weiblich geführter Bundesregierungen provozieren - so weit lässt es die Kanzlerin aber nicht kommen. Zuletzt griffen die von politischen Männergenerationen trainierten Rituale, Abweichler auf Parteilinie zu trimmen. Auch am Montagabend waren die Wackelkandidatinnen zu Fraktionschef Volker Kauder (CDU) vorgeladen.

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