Wie lange werden Ersatzleistungen gezahlt?
Fragen & Antworten: Wenn ein Jobverlust die Lebenspläne durchkreuzt
Zwar kann eine Erwerbspause die private Altersvorsorge beeinträchtigen. Aber in der Regel ist sie gut geschützt - und kann auch während der Arbeitslosigkeit fortgeführt werden, erklärt die Vorsorgeexpertin Tatjana Höchstödter von der ERGO Lebensversicherung.
Seit 20 Jahren im Betrieb - und plötzlich die betriebsbedingte Kündigung. Für Betroffene bricht dann eine Welt zusammen. Welche finanziellen Einbußen drohen bei einer Arbeitslosigkeit?
Kein Zweifel: Wer seinen Job verliert, muss den Gürtel zunächst einmal enger schnallen. In der Regel bekommen Arbeitslose 60, mit Kindern 67 Prozent, des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts, das sie im letzten Jahr vor Beginn der Arbeitslosigkeit erzielt haben.
Wie lange diese Ersatzleistungen gezahlt werden, richtet sich nach der Dauer der vorherigen Beschäftigung und dem Lebensalter - nach maximal 24 Monaten endet die Zahlung des Arbeitslosengeldes.
Wer nach Ablauf dieser Zeit noch nicht wieder in einem Arbeitsverhältnis steht, erhält Arbeitslosengeld II - auch Hartz IV genannt. Das reicht jedoch höchstens für die Grundsicherung des Lebensunterhalts. Verbindlichkeiten oder Verpflichtungen, wie etwa ein Immobilienkredit oder Kinder in der Ausbildung, schaffen schnell eine finanziell angespannte Situation.
Dennoch ist ein möglicher Jobverlust kein Argument, um auf eine private Altersvorsorge zu verzichten: Selbst wenn eine länger andauernde Arbeitslosigkeit die Rente schmälert, macht sie die Anstrengungen dafür keinesfalls zunichte.
Welche Auswirkungen hat die Arbeitslosigkeit auf die gesetzliche und die private Rente? Was passiert, wenn Betroffene die Beiträge nicht mehr voll zahlen können?
Bei der gesetzlichen Altersvorsorge gilt: Waren die Betroffenen im Jahr vor der Arbeitslosigkeit rentenversicherungspflichtig beschäftigt, übernimmt die Arbeitsagentur die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Da aber das Arbeitslosengeld niedriger ist als das bisherige Einkommen, sinken die Beiträge - und damit auch die Rentenansprüche.
Nun wäre es naheliegend zu sagen: Wer arbeitslos ist, muss seine Kosten verringern - etwa bei der privaten Altersvorsorge. Wenn Betroffene ihre private Altersvorsorge stilllegen, bekommen sie jedoch die Folgen im Alter meist schmerzhaft zu spüren.
Die weitaus bessere Lösung: Den Versicherer kontaktieren und mit ihm zusammen eine Lösung finden. So lassen sich Beiträge während der Arbeitslosigkeit aussetzen oder stunden, also später nachzahlen.
Der Unterschied zwischen den beiden Varianten: Bei der Stundung läuft der Vertrag normal weiter; bei einer Beitragsfreistellung wird er in einen neuen Vertrag mit reduzierter Leistung umgewandelt. Zusätzlich kennen die Versicherungen noch andere Mittel und Wege, um ihren Kunden in einer wirtschaftlich schwierigen Lage zu helfen. Fragen Sie zum Beispiel nach einer »Verrechnung der Überschussanteile«, einem »Policendarlehen« oder einer »Aussetzung der dynamischen Beitragszahlung«.
Wie steht es mit der Altersvorsorge bei Hartz IV? Muss ich meine Lebensversicherung auflösen, bevor ich Unterstützung bekomme?
Wer Arbeitslosengeld II beantragt, muss dem Staat eine genaue Auskunft über sein Vermögen geben. Verfügen Betroffene über Rücklagen, die über die Freibeträge hinausgehen, müssen sie die Arbeitslosigkeit erst einmal mit eigenen Mitteln überbrücken. Zahlungen vom Amt erhalten sie dann nicht.
Eine Sonderrolle unter den Vermögenswerten nimmt aber die Altersrente ein. So sind zum Beispiel die Ansprüche aus einer Betriebsrente auch für den Fall einer längeren Arbeitslosigkeit zumindest zum Teil geschützt, da sie zum sogenannten Schonvermögen zählen. Das bedeutet: Dieses »Vermögen« muss der Arbeitslose nicht erst aufbrauchen, bevor er Arbeitslosengeld II erhält. Gleiches gilt für die Ansprüche aus einer Riester- oder Rürup-Rente. Sie sind grundsätzlich Hartz-IV-sicher bis zum Rentenbeginn.
Auch das angesparte Kapital einer Lebens- oder Rentenversicherung unterliegt diesem Schutz, wenn es der Altersvorsorge dient und einen Freibetrag von 750 Euro pro Lebensjahr nicht übersteigt.
Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die Auszahlung einer Lebensversicherung in die Erwerbspause fällt: Das ausgezahlte Geld ist vor dem Zugriff der Arbeitsagentur nämlich nicht automatisch sicher. Nur was der Alterssicherung dient, zählt auch zum Schonvermögen. Deshalb sollte die ausgezahlte Summe in eine neue, vor den staatlichen Ansprüchen sichere Altersvorsorge investiert werden. Nur wenn die Auszahlung vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen ist, bleibt die Lebensversicherung als Mittel zur Alterssicherung quasi unantastbar.
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