Endlager-Eile mit Weil
Einigung bei Suchgesetz bleibt in Niedersachsen umstritten
Stephan Weil habe ein zentrales Wahlversprechen gebrochen, weil Gorleben bei der Suche nach einem Endlager nun doch im Topf bleibt: Diesen Vorwurf musste sich der SPD-Ministerpräsident Niedersachsens diesmal nicht von Atomkraftgegnern anhören, sondern von der schwarz-gelben Opposition im Landtag: »Auch die Bürgerinitiativen im Wendland glauben ihnen kein Wort mehr.« So reagierte CDU-Fraktionschef Björn Thümler auf die Regierungserklärung zur Endlagersuche.
In ihrer Koalitionsvereinbarung hatten SPD und Grüne noch gewarnt: Es bestehe »die Gefahr, dass bei einem Verbleib Gorlebens im Suchverfahren die Sicherheits-, Ausschluss- und Abwägungskriterien auf Gorleben zugeschnitten werden«. Davon war gestern nichts mehr zu hören: Weil wurde nicht müde, den Konsens zu rühmen, den Bund, Länder und vier Bundestagsfraktionen in puncto Endlagersuchgesetz erzielt hatten: Dieser sei »ein herausragender Erfolg der niedersächsischen Landespolitik«. Man habe den Entwurf »deutlich besser gemacht« und mit dafür gesorgt, dass sich eine öffentlich tagende Bund-Länder-Kommission mit der Endlagersuche befasst, so der Landesvater. Weil räumte ein, der Gesetzgeber sei nicht an die Empfehlungen des Gremiums gebunden, doch »einfach ignorieren« könne die Politik dessen Aussagen auch nicht.
Die Landesregierung vertritt laut Weil unverändert die Auffassung, dass Gorleben aufgrund geologischer Bedenken als Endlager ungeeignet ist. Er sei zuversichtlich, dass diese Argumente in der Kommission Gehör finden, so der Regierungschef. Er könne zwar verstehen, dass sich viele »einen kompletten Ausschluss Gorlebens« schon jetzt gewünscht hätten, aber: Man stehe erst »am Anfang eines Weges in die richtige Richtung«. Weil verwies darauf, dass der Entwurf des Suchgesetzes einen Erkundungsstopp für Gorleben festlege, und: »Es gibt keine weiteren Castortransporte nach Gorleben.« Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) müsse sich nun darum kümmern, wo die Behälter stattdessen zwischengelagert werden.
Der Sprecher der Anti-Atom-Organisation »Ausgestrahlt«, Jochen Stay, wies in einer Erklärung darauf hin, dass nur vier der 16 Ministerpräsidenten grundsätzlich bereit seien, in ihrem Land Atommüll dauerhaft lagern zu lassen. Umweltminister Altmaier stehe daher nur acht Tage nach der Einigung »mit leeren Händen« da. Stay zufolge soll außerdem die Enquete-Kommission so zusammengesetzt werden, dass die Gorleben-Befürworter eine Sperrminorität haben. »Das Land Niedersachsen sollte den Realitäten ins Auge sehen und die Zustimmung zum Endlagersuchgesetz verweigern.«
Laut Greenpeace hat der Minister die Umweltverbände am Montag dazu aufgerufen, innerhalb von lediglich 24 Stunden eine Stellungnahme zu dem 75-seitigen Gesetzentwurf zur Endlagersuche abzugeben, was alle angefragten Umweltverbände abgelehnt hätten. »Peter Altmaier will die von ihm viel beschworene Beteiligung der Bürger anscheinend nur simulieren und die Endlagersuche in einer Hauruck-Aktion durchpeitschen«, kritisierte Greenpeace-Experte Tobias Münchmeyer.
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