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Enver lebt
Enver Hoxhaj / Kosovos Außenminister twittert neuerdings gern
Man solle ihn nicht mit Enver Hoxha verwechseln, rät das Online-Lexikon Wikipedia. Gegen eine Verwechslung mit dem einstigen Herrscher über Albanien hätte Kosovos Außenminister Enver Hoxhaj wohl in der Tat gravierende Einwände. Vor allem: Während Hoxha 1985 starb, reist der 1969 geborene Hoxhaj, wie er zu Wochenbeginn in Berlin stolz erzählte, rastlos um den Globus und rühmt Kosovos »Erfolgsgeschichte«. Mehr als die Hälfte der UN-Mitgliedstaaten haben die Regierung in Pristina bereits anerkannt, »unglaublich gut« seien die Beziehungen zu Deutschland, und selbst zu den Kollegen in EU-Staaten, die Kosovo (noch) nicht anerkennen, habe er beste Kontakte. »Außenpolitisch wird heute viel über SMS und Twitter gemacht«, verriet Hoxhaj, der seit 8. April ein Twitter-Konto hat und fast jede Berliner Begegnung per Kurznachricht vermeldete.
Hoxhaj schloss 1993 ein Geschichtsstudium in Pristina ab und schlug danach eine akademische Laufbahn im Ausland ein: Wien, Berlin, München, Rom, Bologna, Florenz, Paris und London nennt er als Stationen. 2004 trat er der Demokratischen Partei (PDK) des heutigen Regierungschefs Hashim Thaci bei, dem nach wie vor Verwicklung in die organisierte Kriminalität nachgesagt wird. Für Hoxhaj begann mit dem Parteibeitritt jedenfalls die Karriere als Politiker: Thaci ernannte ihn 2008 zum Bildungsminister und vor zwei Jahren zum Außenminister.
Der Chefdiplomat spricht zwar fließend Englisch, Deutsch und Serbisch, den schwierigen Dialog mit Belgrad aber führt der Regierungschef selbst. Einen Außenminister aus Pristina würde Serbien ohnehin kaum akzeptieren. Hoxhaj wirft Belgrad vor, im serbisch besiedelten Nordkosovo eine zweite »Republika Srpska« (wie in Bosnien) bilden zu wollen. Präsident Tomislav Nikolic trägt für ihn die Hauptschuld daran, dass der Dialog über Nordkosovos Zukunft in die Sackgasse geraten ist. Doch dank der unglaublich guten Beziehungen zur EU sieht Hoxhaj sich und seine Regierung am längeren Hebel. Am Mittwoch wurde in Brüssel wieder verhandelt - bis Redaktionsschluss noch ohne Ergebnis.
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