Schiffsfonds vor dem Untergang

Geldanlagen

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Deutschland ist eine Seemacht - jedenfalls in der Containerschifffahrt: Jeder dritte dieser Lastesel gehört deutschen Eigentümern - Banken, Fondsgesellschaften, Großinvestoren und massenhaft Anlegern. Die globale Krise der Seeschifffahrt trifft auch Abertausende Kleinsparer, darunter viele Rentner, denen man sogenannte Schiffsfonds als lukrative und sichere Altersvorsorge angepriesen hatte.

Nun fordern etliche krisengeschüttelte Schiffsfondsgesellschaften Ausschüttungen von ihren Anlegern zurück oder verlangen sogar den Nachschuss von frischem Geld. Statt üppiger Renditen droht sogar ein Verlust des eingezahlten Kapitals.

Schiffsbeteiligungen waren viele Jahre äußerst populär. Weil Schiffe in der Bundesrepublik pauschal nach Größe und minimal dank einer einst von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) eingeführten »Tonnagesteuer« - nicht aber nach Umsatz - besteuert wurden, bot sich zudem ein lukratives Steuerschlupfloch. Banker, Fondsmakler und Finanzvertreter lotsten unbedarfte Privatanleger in Schiffsbeteiligungen. Mit diesem Geld wurde dann ein Schiff gekauft oder ein Neubau meist auf einer Werft in China oder Südkorea finanziert.

Nicht nur Großbanken mit potenten Kunden, sondern auch Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken und sogar die Postbank lockten Kunden mit zweistelligen Renditeversprechen in die maritimen Fonds. Geschlossene Beteiligungen wie die Schiffsfonds stellen jedoch im Unterschied zur klassischen Geldanlage eine unternehmerische Beteiligung dar. »Das heißt, dass Anleger mit ihrem Geld - vergleichbar einem Unternehmer - von der wirtschaftlichen Entwicklung des Produktes abhängig sind«, erklärt der Kieler Fachanwalt Helge Petersen, und zwar im Positiven wie Negativen.

Pleitekandidaten auf Hoher See

Diverse Schiffsfonds entwickeln sich nun zu Pleitekandidaten. Mittlerweile stehen bis zu 1000 Fonds - ein Viertel der deutschen Flotte - vor dem Aus. Viele Verbraucher fürchten neben dem Verlust ihre Kapitals, dass die Gläubiger des eigenen Schiffsfonds auch auf ihr Privatvermögen zugreifen werden. Nach Auskunft von Michael Herte, Referent in der auf Schiffsfonds spezialisierten Verbraucherzentrale in Kiel, seien die meisten Verbraucher der Empfehlung einer Bank oder eines Anlageberaters gefolgt. So erwarben sie in der Regel als »Kommanditisten« Anteile an einer Kommanditgesellschaft (KG), der wiederum das Schiff gehört. Anleger erhielten meist einige Jahre lang großzügige Ausschüttungen aus den sogenannten KG-Modellen. Doch mit Beginn der Finanzkrise 2007 liegt so manches fondsfinanzierte Schiff auf dem Trockenen.

Seit Beginn 2013 erhalten viele Fondsinhaber Post mit schlechten Nachrichten: Die Anbieter - auch Initiator oder Emissionshaus genannt - warnen davor, dass ihre Flotte vor der Pleite stehe, sich keine langfristigen Charterverträge mehr abschließen ließen oder Banken mit der Kündigung der Kredite drohten.

Zur Erklärung: Üblicherweise wurde nur ein Drittel des Schiffspreises über einen KG-Investmentfonds als Eigenkapital finanziert, zwei Drittel kamen durch Bankkredite zusammen. So trifft die Krise auf Hoher See auch die Banken: Etwa 100 Milliarden Euro an Schiffsdarlehen stehen laut Bundesbank in den Büchern der Kreditinstitute.

Keine Rezepte gegen den Totalverlust

Abhilfe gegen das »Aus« eines Fonds und den damit verbundenen Totalverlust der investierten Summe versprechen dabei nur Nachschüsse - also weitere Einzahlungen in den Fonds - oder die Rückzahlung von Gewinnausschüttungen aus den Vorjahren. Zudem drohen Fondsgesellschaften immer wieder, dass im Falle einer Pleite auf Privatvermögen der Anteilsinhaber zugegriffen werden könne. »Daran, dass so eine Finanzspritze tatsächlich dem Fonds hilft und für dauerhafte finanzielle Erholung sorgt«, zweifelt Verbraucherschützer Herte. Wegen Überkapazitäten und sinkenden Charterraten würden sich nur wenige angeschlagene Fonds erholen.

Leider sind die meisten Anleger überfordert, ob sie weiteres Geld in den Fonds einzahlen sollen. Wenn zudem mit rechtlichen Konsequenzen gedroht wird, zahlen viele und verlieren damit gegebenenfalls weiteres Geld.

Wer Berichte und Beschlussvorlagen des eigenen Fonds nicht nachvollziehen kann, erhält gebührenpflichtigen Rat bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein www.vzsh.de, Tel. (0431) 590 99 - 180. Fachanwälte in Ihrer Nähe finden Sie unter www.verband-deutscher-anwaelte.de oder www.anwaltverein.de. Hermannus Pfeiffer

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