Erstmals Tagesstreiks bei Amazon in Deutschland

Ab Frühschicht keine Pakete: Gewerkschaft ver.di ruft zum Arbeitskampf in Bad Hersfeld und Leipzig auf

  • Lesedauer: 2 Min.

Bad Hersfeld (dpa/nd). Beim Internet-Versandhändler Amazon wird erstmals in Deutschland gestreikt. Am größten deutschen Standort im osthessischen Bad Hersfeld und in Leipzig sei die Belegschaft am Dienstag zu einer ganztägigen Protestaktion mit Beginn der Frühschicht ab 6 Uhr bis zum Ende der Spätschicht aufgerufen, teilte die Gewerkschaft Verdi mit. „Wir sind mit dem Auftakt sehr zufrieden“, sagte Heiner Reimann von ver.di Hessen am Morgen in Bad Hersfeld. Auch in Leipzig begann der Ausstand nach Angaben eines Gewerkschaftssprechers.

Hintergrund für den Streik ist laut ver.di die Forderung nach einem Tarifvertrag nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels, was das Unternehmen bisher ablehnt. Amazon orientiert sich an der Bezahlung in der Logistikbranche. In Bad Hersfeld sind rund 3300 und in Leipzig etwa 2000 Mitarbeiter beschäftigt.

Bei einer Urabstimmung hatten sich 97,6 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder bei Amazon in Bad Hersfeld für den Arbeitskampf ausgesprochen. Zuvor hatten bereits Anfang April 97 Prozent der teilnehmenden, gewerkschaftlich organisierten Amazon-Mitarbeiter für einen Streik in Leipzig gestimmt.

„Wenn sich so viele Beschäftigte bei Amazon für Streik aussprechen, dann ist dies schon ein sehr eindeutiges Votum und Ausdruck der Entschlossenheit der Beschäftigten“, so die ver.di-Verhandlungsführer Jörg Lauenroth-Mago für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und Bernhard Schiederig für Hessen. „Es ist nicht akzeptabel, dass Amazon als der größte Online-Versandhändler keiner Tarifbindung unterliegt.“

Zu Warnstreiks war es an beiden Amazon-Versandlagern in Bad Hersfeld am 9. April gekommen. Wie viele Mitarbeiter sich an den Arbeitsniederlegungen beteiligen werden, konnte ver.di-Streikleiter Reimann zunächst nicht sagen. „Wir sind aber sehr zuversichtlich, die Betriebsabläufe empfindlich beeinträchtigen zu können.“ Verbraucher müssten damit rechnen, dass Bestellungen womöglich langsamer als üblich kommen.

Der Gewerkschafter forderte Amazon auf, sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Ve.rdi verlangt von dem Unternehmen, den Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel anzuerkennen. Für die einzelnen Beschäftigten würde das laut Gewerkschaft bis zu 9000 Euro brutto im Jahr ausmachen.

Das Unternehmen erklärte dagegen: „Amazons Versandzentren sind Logistikunternehmen, die Kundenbestellungen ausführen. Mitarbeiter der deutschen Logistikzentren liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikindustrie üblich ist.“ Bei dem Standort in Bad Hersfeld handle es sich um ein reines Versandzentrum. „Unsere Mitarbeiter dort leisten logistische Tätigkeiten - Kommissionierung, Verpackung und Versendung von Waren.“

Das in der Öffentlichkeit eher zurückhaltende, amerikanische Unternehmen stand zuletzt mehrfach im Fokus: Zu Jahresbeginn war Amazon in Deutschland wegen der Behandlung von Leiharbeitern in die Kritik geraten. Auslöser war eine TV-Dokumentation.

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