Kiel verteidigt Meistertitel
Nun will der THW mit dem Sieg in der Champions League Handballgeschichte schreiben
Huch! Schon wieder Deutscher Meister! »Kam doch etwas plötzlich«, befand Marcus Ahlm, der Kapitän des THW Kiel, am Dienstagabend nach dem deutlichen 31:25-Sieg gegen die Rhein Neckar-Löwen. Er könne das irgendwie noch gar nicht realisieren. Obwohl das Gefühl, hoch oben über der Handball-Bundesliga zu thronen, für den schwedischen Kreisläufer keineswegs neu ist: Es ist seine achte Meisterschaft, seitdem er 2003 zu THW Kiel stieß.
Unvermittelt fühlte sich diese 18. Titel für den Rekordmeister trotz der 55:7 Punkte dennoch an. Weil sie doch selbst, da verwundbarer als in der maschinenhaften Vorsaison (68:0), mit einem offenen Rennen bis zum Schluss gerechnet hatten. Vor der Winterpause lag das Team von Alfred Gislason noch hinter den Löwen, nach einer sensationellen Heimniederlage gegen Melsungen und einer herben Pleite in Flensburg.
Doch irritieren ließen sich die THW-Profis nicht und sicherten, weil die Konkurrenz patzte, drei Spieltage vor Schluss die Titelverteidigung - am Dienstag war die Basis eine spektakuläre Defensivleistung in der ersten Halbzeit mit nur sieben Gegentoren. »Es gibt in jeder Saison kritische Phasen, das weiß niemand besser als wir, und deshalb sind wir ruhig geblieben«, sagte Filip Jicha, der tschechische Star im halblinken Rückraum. »Das war eine sehr schwierige Saison, ich kann das noch gar nicht verarbeiten«, sagte Trainer Gislason. Schmunzelnd genehmigte er seinen Profis ein paar Biere für die Nacht und den folgenden Tag »individuelles Auslaufen« - sprich trainingsfrei.
Verdient ist der Titel allemal. »Wir haben in den entscheidenden Spielen immer unsere besten Leistungen abgeliefert«, erinnerte THW-Linksaußen Gudjon Valur Sigurdsson etwa an den spektakulären 28:17-Hinrundensieg bei den Löwen. Sein isländischer Landsmann Gudmundur Gudmundsson nannte den THW einen logischen Meister. »Sie haben sehr gut und konstant gespielt, und sie sind auf jeder Position doppelt mit Weltklasseleuten besetzt«, anerkannte der Löwen-Trainer. »Und sie werden auch eine große Chance haben, das Finalturnier der Champions League zu gewinnen.« Löwen-Regisseur Andy Schmid nannte den THW ehrfürchtig »eine Weltauswahl«.
Der Titel in der Königsklasse und damit eine Wiederholung des Triple von 2012 ist jetzt das erklärte Ziel, speziell der »Fabulous Four«, die Kiel im Sommer verlassen werden: Neben Kapitän Marcus Ahlm (Karriereende) verabschieden sich auch Torhüter Thierry Omeyer (Montpellier), Daniel Narcisse (Paris) und Momir Ilic (Veszprem), um jüngeren Profis Platz zu machen. »Ich bin nach Kiel gekommen, um die Champions League zu gewinnen«, hatte Olympiasieger Narcisse gesagt, als er 2009 an die Förde wechselte. Für Trainer Gislason ist das Finalturnier in Köln »größer als das olympische Turnier, weil die Klubs besseren Handball spielen, und die Zuschauer sehr fachkundig sind«.
Die Chancen für den THW, im Final-Four-Format, das 2010 eingeführt wurde, weiter ungeschlagen zu bleiben, sind mit der vorzeitigen Meisterschaft noch deutlich gestiegen. Denn im Gegensatz zum dortigen Halbfinalgegner HSV Hamburg, der bis dahin noch in zwei Ligapartien um die Champions-League-Qualifikation für die kommende Saison kämpfen muss, kann Trainer Gislason sein Team nun in 17 Tagen auf den Saisonhöhepunkt vorbereiten. »Diese frühe Meisterschaft ist enorm hilfreich. Man hat einfach die Möglichkeit, diejenigen Dinge, die man in Vorbereitung auf die Gegner im Training einstudiert, noch viel intensiver zu erarbeiten.«
Sollten die gefräßigen Profis des THW Kiel auch noch diesen Titel einheimsen, würde der Klub Handballgeschichte schreiben. Das Double-Triple oder Triple-Double schaffte bisher nur der FC Barcelona (1997 und 1998), der mögliche Finalgegner in Köln. Und plötzlich käme ein weiterer Titel keineswegs.
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