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Fest der Phrasen

Relegationsduell im Südwesten ohne Favoriten

  • Lesedauer: 2 Min.

Am Ende musste sogar Otto Rehhagels altes Weisheitenbuch herhalten. »Die Wahrheit liegt auf dem Platz«, zitierte Franco Foda lachend den einstigen Erfolgstrainer des 1. FC Kaiserslautern und krönte damit einen Floskelmarathon, den Stunden zuvor Hoffenheims Trainer Markus Gisdol eröffnet hatte. Ob »50:50-Chance«, »absolute Fokussierung«, dass in zwei Spielen »alles möglich« sei - vor dem Relegationshinspiel um die Bundesliga-Zugehörigkeit am Donnerstag (20.30/ARD) überboten sich beide Trainer mit altbekannten Phrasen. Sie wurden nicht müde zu betonen, dass der eigene Klub selbstverständlich nicht der Favorit sei.

»Ich glaube, dass wir Außenseiter sind«, sagte Foda: »Wir sind aber bestens vorbereitet. Wenn wir an unsere Leistungsgrenzen gehen, haben wir eine Möglichkeit, uns in zwei Spielen durchzusetzen.« Den vermeintlichen Vorteil, als Tabellendritter der 2. Liga nach einer erfolgreichen Saison gestärkt gegen den angezählten 16. der Bundesliga zu spielen, gebe es nicht. »Hoffenheim spürt sicherlich auch eine Form von Höhenluft«, sagte FCK-Vorstandschef Stefan Kuntz.

Nach der kaum für möglich gehaltenen Rettung auf den Relegationsplatz setzen die Kraichgauer alles daran, »das kleine Fußballwunder« (Gisdol) zu vollenden. »Wenn ich jetzt Kaiserslautern wäre, hätte ich mir auch nicht gewünscht, gegen Hoffenheim zu spielen«, sagte der 43-Jährige.

In beiden Regionen haben die Alles-oder-nichts-Spiele eine große Euphorie entfacht. Die Partie in der Rhein-Neckar-Arena (30 150 Zuschauer) ist längst ausverkauft, der FCK hätte für das Rückspiel am Montag nach eigenen Angaben sogar 300 000 Karten verkaufen können - obwohl Kaiserslautern nur 100 000 Einwohner hat.

Auf ein »friedliches Fußballfest« (Gisdol) ist aufgrund der großen Rivalität zwischen den Fanlagern nur bedingt zu hoffen. Die Polizeidirektion Heidelberg setzt heute deutlich mehr Beamte als üblich ein. Daher appellierte Kuntz an den eigenen Anhang, sich »der Verantwortung bewusst« zu sein. »Wir wollen uns positiv nach außen darstellen«, sagte er: »Der Mannschaft hilft es nur, wenn die Fans uns zeigen, dass sie uns hochbrüllen wollen. Andere Sachen sind nicht effektiv.«

Bereits rund um das erste Treffen beider Klubs vor sechs Jahren hatte es unschöne Szenen gegeben. Lauterer Fans hatten Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp übelst beleidigt. Für einige »Traditionsfans« des FCK eignet sich der vermeintliche »Retortenklub« aus der Nachbarschaft bestens als Feindbild. »Solange ein Verein die Möglichkeit hat, auf einen Mäzen zurückzugreifen, der jegliches Minus ausgleicht, werden wir diese Mannschaft nicht überholen können - zumindest nicht wirtschaftlich«, sagte Kuntz: »Aber das ist ja nicht das einzige Standbein.« SID

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