Ekstase nur auf dem Rasen
Champions-League-Triumph der Wolfsburgerinnen bleibt in London kaum beachtet
Das bedeutendste Spiel des Jahres im europäischen Klubfußball der Frauen ging in der Zwölf-Millionen-Metropole London unter. Zumindest aus sportlicher Sicht war das Finale der Champions League historisch.
Die Warnung wäre nicht nötig gewesen. Auf einem kleinen handgeschriebenen Zettel hatte die Londoner U-Bahn am Mittwoch darauf hingewiesen, dass die Station Fulham Road tags darauf ab 17 Uhr überfüllt sein könnte. Gedrängelt wird in England ja sowieso nicht. Wer es in den Gängen und auf den Treppen der ältesten U-Bahn der Welt eilig hat, geht einfach links an den ordentlich aufgereihten Menschenschlangen vorbei. Doch nicht einmal dieses immer wieder beeindruckende Schauspiel bot sich am Donnerstag an der Fulham Road, auch nicht um 18:30 Uhr.
Hundert Meter von der Station entfernt liegt Stamford Bridge, das Stadion des Chelsea FC, wo eine Stunde später das Finale der Champions League der Frauen zwischen dem VfL Wolfsburg und Olympique Lyon angepfiffen werden sollte. Etwas belebter als am Vortag war es schon, denn als Ortsunkundiger suchte man am Mittwoch noch vergeblich einen Hinweis auf das bedeutendste Spiel des Jahres im europäischen Klubfußball der Frauen.
»Frauenfußball ist die drittgrößte Sportart in Großbritannien und wächst noch weiter. Das Finale ist für die Frauen und den Sport eine tolle Sache. Wir freuen uns, es ausrichten zu dürfen«, sagte David Bernstein, Präsident des englischen Fußballverbandes, jüngst. Von einer derartigen Begeisterung war in London nichts zu spüren. Im »Evening Standard«, den täglich 1,7 Millionen Londoner lesen, fand sich auf 76 Seiten des Gratisblattes am Finaltag nicht ein Wort über die Partie.
Im Vergleich zu 2011, als das Finale ebenfalls in London ausgetragen wurde, verdoppelten sich die Zuschauerzahlen immerhin. 18 000 sind am Donnerstag gekommen: ungefähr ein Drittel davon französische Fans von Lyon, ein weiteres Drittel deutsche Anhänger vom VfL. Der Rest setzte sich aus schon zeitig angereisten Fans von Borussia Dortmund und Bayern München sowie einigen Schaulustigen zusammen. Londoner waren die wenigsten, obwohl die Eintrittspreise von fünf bis zehn Pfund (knapp 6 bis 11,70 Euro) für englische Verhältnisse geradezu lächerlich niedrig waren.
Für alle Wolfsburger hatte sich das Kommen gelohnt. Im ersten europäischen Finale der Vereinsgeschichte besiegte der VfL Lyon durch ein Elfmetertor von Martina Müller mit 1:0. »Jetzt können wir endlich feiern. Wir hatten noch keinen Titel gewonnen und nun haben wir drei gleichzeitig«, jubelte Müller über den Hattrick aus Meisterschaft, Pokalsieg und Champions League. Für Olympique, Titelträger der vergangenen zwei Jahre, endete eine historische Siegesserie: Der Klub hatte zuvor seit drei Jahren weder in der Champions League noch in der französischen Liga ein Spiel verloren. »Jeder hat uns die Favoritenrolle zugeschoben und das hat uns nicht gut getan. Wir waren heute vor dem Tor ganz einfach zu harmlos. Noch dazu hatten wir einen richtig starken Gegner«, sagte Lyons Mittelfeldspielerin Amandine Henry. »Es war wichtig zu zeigen für den Frauenfußball, dass auch die Übermacht Lyon bezwungen werden kann«, freute sich Wolfsburgs Trainer Ralf Kellermann.
Um 22.30 Uhr erinnerte in der Fulham Road nichts mehr an das Finale. Auch die fünf kleinen Holzstände, an denen vorher hauptsächlich Chelsea-Fanartikel, aber auch recht lieblos gemachte Schals von Lyon und Wolfsburg angeboten wurden, waren verschwunden. Tyler, einer der Verkäufer, war sicher froh, dass es vorbei war. Denn Frauenfußball interessiere ihn eigentlich gar nicht.
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