Spitzzünglein

Bastian Langbehn zog mit 1,3 Prozent für die »Partei« ins Lübecker Stadtparlament

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Satire ist nur Fassade für ernste Anliegen. Angeblich entsteht sie überhaupt nur wegen ernster Anliegen. Oder doch nicht? Wie das Bastian Langbehn sieht, ist seinen Interviews noch nicht so sicher zu entnehmen. Der Mann musste 30 Jahre alt werden, um als erstes und bisher einziges Mitglied seiner Partei in ein Parlament einzuziehen. Was das miteinander zu tun hat? Nichts, aber es darf ja vielleicht mal gesagt werden. Jedenfalls hatte Langbehn bisher selten Gelegenheit zu Interviews. Jetzt, nachdem er für seine neun Jahre alte Partei (auch unwichtig) »Die Partei« ins Lübecker Stadtparlament einzieht, gibt er jedenfalls Interviews. Und denen ist zu entnehmen, dass Langbehn noch heftig schaukelt auf dem Grat zwischen Seriosität und Nonsens. Lübeck wolle er zur Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins machen, eine U-Bahn durch die Stadt ziehen, einen Swinger-Club ins Holstentor einmieten, hatte er im Wahlkampf erklärt und damit 831 Wähler überzeugt. »Och«, sagt er jetzt, ein paar Dinge nehme er schon ernst...

2009 war die Partei »Die Partei«, die der ehemalige »Titanic«-Chefredakteur Martin Sonneborn mit Kollegen gegründet hatte, nicht zur Bundestagswahl zugelassen worden, weil sie nicht »mit ausreichender Ernsthaftigkeit« politische Willensbildung betreibe. Auch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht half nicht. Nun aber ist da Bastian Langbehn in Lübeck, und es könnte sein, dass der wegen des knappen Wahlausgangs sogar über die künftige Stadtregierung entscheidet. Spitzes Zünglein an der Waage. Die Parteien stehen bereits Schlange, um Gemeinsamkeiten auszuloten.

Da müssen sie eventuell geduldig sein. Der Einzelhandelskaufmann, einst in der Graffitibranche, nun im Tourismus tätig, ist trotz eindrucksvoller Gestalt schwer zu greifen. Und die nächsten fünf Jahre im Stadtparlament will er »da mal schwer durchfegen«, erklärte er der »Süddeutschen«. Sein Parteiprogramm lässt er sich erst recht nicht vorhalten. Bei der Konkurrenz stehe auch viel Blödsinn drin, die »Partei« habe es nur so formuliert, dass es auffällt. Und »dran halten tut sich am Ende sowieso keiner«.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.