Sultan Erdogan

Detlef D. Pries über Demokratiedefizite in der Türkei

  • Lesedauer: 2 Min.

Lasst die Bäume leben!« - war die Parole derer, die in Istanbul für den Erhalt des kleinen Gezi-Parks stritten. Sie wollten das letzte Fleckchen Grün im Zentrum der Stadt nicht für ein neues Einkaufszentrum geopfert sehen. Polizei und Sicherheitskräfte reagierten wie gewohnt brutal - und lösten dadurch rund 90 Demonstrationen in 48 türkischen Provinzen aus, die in der Forderung nach Rücktritt der Regierung gipfelten.

Seit mehr als zehn Jahren wird die Türkei von Recep Tayyip Erdogan regiert. Der Premier brüstet sich mit beeindruckenden Wachstumsraten und zunehmendem politischen Einfluss in der Region, er rühmt sich auch, die Allmacht des Militärs beschnitten zu haben. Doch nach Auffassung vieler seiner Landsleute regiert er inzwischen selbst autoritär wie ein Sultan. Die Sicherheitskräfte wurden im Verlauf seiner Amtszeit auf das Dreifache aufgestockt, Erdogans Kritiker sehen sich ein übers andere Mal mit Polizei, Justiz und Geheimdiensten konfrontiert, deren Vorgehen das Wort »unverhältnismäßig« sehr diplomatisch beschreibt.

Im kommenden Jahr will Erdogan ins Präsidentenamt wechseln, das er vorsorglich bereits mit zusätzlicher Macht ausstatten lassen hat. Seine Kritiker befürchten Schlimmes. Gewiss ist es noch nicht die Mehrheit der türkischen Bevölkerung, die in die Rücktrittsforderungen einstimmt, und organisiert ist die Opposition schon gar nicht. Doch Sultan Erdogan sollte die jüngsten Vorgänge als Sturmwarnung erkennen.

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