Gutachten, Umfragen und Emotionen

Schwarzwald: Erster Nationalpark in Baden-Württemberg bleibt umstritten

  • Benjamin Haerdle
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Konflikt in Baden-Württemberg um einen möglichen Nationalpark im Nordschwarzwald schwelt weiter. Neue Nahrung haben die Gegner erhalten, nachdem sich bei Umfragen im Schwarzwald Mitte Mai zwischen 64 und 86 Prozent der befragten Menschen gegen den geplanten Nationalpark aussprachen.

»Der Landesregierung ist es nicht gelungen, Kompromisse aufzuzeigen«, kritisierte der forst- und naturschutzpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Patrick Rapp. Offene Fragen gebe es bei der Problematik der Borkenkäfer, dem Wildtiermanagement, dem Tourismus und dem Erhalt in der Forstwirtschaft. Scharfe Kritik kommt auch vom forstpolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Friedrich Bullinger: »Gegen diesen geballten Widerstand vor Ort darf die grün-rote Landesregierung die Planung eines Nationalparks nicht weiter verfolgen.«

Bei einer Landtagsdebatte Mitte Mai räumte der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretsch- mann (Grüne) ein, die Befürworter hätten es gegen die ablehnende Stimmung vor Ort schwer gehabt. Die Landesregierung habe sich mit dem Gutachten in ein Dilemma gebracht: Während die Parkgegner sofort gegen das Projekt vorgegangen seien, habe die Landesregierung auf den Expertenbericht gewartet.

Dieser Bericht, den die Beratungsunternehmen Price Waterhouse Coopers und ö:konzept im April vorgelegt hatten, unterstützte Kretsch- manns Pläne für einen 10 000 Hektar großen Nationalpark im Norden des Schwarzwaldes erwartungsgemäß. Beispiel Tourismus: Alleine wegen des Nationalparks würden laut Gutachten 190 000 Übernachtungsgäste und 255 000 Tagesbesucher pro Jahr die Region bereisen. Die zusätzlichen Gäste brächten einen Umsatz von bis zu 18,3 Millionen Euro pro Jahr. Um die Ausbreitung des Borkenkäfers zu verhindern, empfahlen die Gutachter, eine 500 Meter breite Pufferzone zu errichten. Damit wäre ein Borkenkäferbefall benachbarter Flächen eher unwahrscheinlich. Die Sorgen vor einem Niedergang der Forst- und Holzindustrie sieht Landesnaturschutzminister Alexander Bonde durch das Gutachten widerlegt. Er sicherte den Sägebetrieben zu, die durch das Reservat entstehende Holzlücke »durch Mengen aus anderen Gebieten des Staatswaldes zu den jeweiligen Marktkonditionen« zu kompensieren.

Die Deutsche Säge- und Holzindustrie (DSH) bleibt trotzdem bei ihrer Ablehnung. »Wir fordern die konsequente Weiterentwicklung des bestehenden Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord«, sagte DSH-Generalsekretär Lars Schmidt. Ein Naturpark lasse im Gegensatz zu einem Nationalpark den Dreiklang Naturschutz, Tourismus und Holznutzung zu.

Baden-Württemberg ist neben Rheinland-Pfalz und dem Saarland das einzige Flächenland, das keinen Nationalpark vorweisen kann. Wo genau im Nordschwarzwald das Schutzgebiet ausgewiesen werden soll, wird sich in den nächsten Monaten klären. Minister Bonde hatte angekündigt, bis zum Sommer einen konkreten Gebietsvorschlag zu erarbeiten.

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