Syriens Kurden zwischen Armee und Rebellen

Warnung vor Genozid an der ethnischen Minderheit im Landesnorden

  • Martin Lejeune
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Bürgerkrieg in Syrien verschlechtert die humanitäre Lage des Landes von Tag zu Tag. Die UN berichten von Millionen Flüchtlingen und Zehntausenden Toten innerhalb der letzten zwei Jahre. Die Minderheiten im Land, ethnische wie religiöse, gehören von Anfang an zu den Konfliktparteien, so auch die Kurden.

Wie den kurdischen Syrern helfen? Dieser Frage stellte sich eine Fachkonferenz am Wochenende in Berlin, an der verschiedene kurdische Organisationen teilnahmen. Geleitet wurde das Treffen vom LINKEN-Politiker Giyasettin Sa᠆yan, bis 2011 flüchtlingspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

»In den kurdischen Siedlungsgebieten in Syrien droht ein Genozid«, warnt Sayan gegenüber dem »nd«. Kurden seien schon zu Beginn des Konfliktes vor zwei Jahren in Kampfhandlungen hineingezogen worden und müssen sich sowohl gegenüber der Armee als auch gegenüber den Kämpfern der Rebellen behaupten.

Drei Millionen Kurden leben in Syrien. Das entspricht etwa 17 Prozent der syrischen Bevölkerung. Die kurdischen Siedlungsgebiete befinden sich im Norden Syriens in den Regionen um die Städte Qamischli, Hassaka, Ain al-Ara, Amud, Serekaniye und Efrin.

In Serekaniye wird derzeit heftig gekämpft. Laut Sayan stehen dort Verbände der Freien Syrischen Armee, Salafisten und sich Al Qaida zugehörig fühlende Kombattanten kurdischen Bewaffneten gegenüber. »Die Islamisten greifen uns in den kurdischen Gebieten direkt an«, berichtet Sayan, »und niemand kann uns vor ihnen schützen.« Die syrische Armee habe sich mitsamt der Verwaltung bereits im Herbst vergangenen Jahres aus den kurdischen Gebieten zurückgezogen.

Ruprecht Polenz, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hatte vor einer Woche auf einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin erklärt, Frieden für Syrien sei nur durch eine vorläufige Teilung in die von den verschiedenen Kriegsparteien beherrschten Gebiete möglich. Bevor bei einer Friedenskonferenz in Genf über eine staatliche Neuordnung Syriens verhandelt werde, müsse man über die Teilung Syriens nachdenken.

Sayan, selbst kurdisch-türkischer Herkunft, widerspricht Polenz. Er sei gegen eine Teilung Syriens. »Wir Kurden wollen uns nicht abspalten. Es gibt auch keine Pläne für ein Großkurdistan. Das alles ist unrealistisch, das würden die UN nicht akzeptieren.«

Es werde zwar nie mehr möglich sein, dass in Syrien Alewiten und Sunniten wie einst friedlich unter einem Dach leben, glaubt Sayan. Er befürchtet, in Syrien könne es ähnlich wie in Irak dazu kommen, dass sich arabische Sunniten und Schiiten jeden Tag gegenseitig ermorden. »Wir Kurden sind anders«, betont Sayan. »Wir können mit allen Religions- und Volksgruppen in einem intakten Staatsgebilde Syrien zusammenleben.« Unter wessen Kontrolle sei zweitrangig. Bedingung sei jedoch, »dass die Zentralregierung unsere kurdische Autonomie, Selbstverwaltung und kulturelle Selbstbestimmung anerkennt«.

Und was können wir in Berlin für die syrischen Kurden tun? »Machen Sie, was Sie können«, fordert Sayan. »Halten Sie Mahnwachen vor Botschaften und Konsulaten. Spenden Sie, unterstützen Sie humanitäre Hilfe!«

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