Populistisch? Na und!
RasenBallsport Leipzig ist nun also in der Dritten Liga. Ist es populistisch, wenn man sich weder überrascht noch erfreut zeigt? Wahrscheinlich ist es das, aber es ist auch populistisch, wenn man über Regenwetter im Hochsommer schimpft – und da käme kein Mensch auf die Idee, darin etwas Unmoralisches zu sehen.
Also kann ich auch frei heraus zugeben, dass ich mich diebisch gefreut hätte, wenn das Anlageobjekt eines reichen Österreichers sein Geld noch ein paar Jahre länger in Kantersiege gegen Meuselwitz und den Berliner AK investiert hätte und stattdessen Jena, Magdeburg oder Zwickau aufgestiegen wären.
Das modrige Wort „Tradition“ brauche ich zur Begründung nicht anzuführen, ich habe einfach einen Heidenrespekt vor Menschen, die unglückseligen Vereinen wie den drei Genannten die Treue halten, obwohl der Karstadt in ihrer Fußgängerzone längst nur noch Fan-Trikots vom FC Bayern, Barca und Dortmund verkauft. Leidensfähigkeit adelt den Fußballfan von Oslo bis Kapstadt, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Kitschig werden muss man deswegen allerdings noch lange nicht. Natürlich ist die Schmäh-Kritik der Bundesliga-Manager (zwei offen, der Rest, mutmaßlich derer 16, hinter vorgehaltener Hand) am Konstrukt RB Leipzig auch ein wenig heuchlerisch, weil so getan wird, als stünden da ein paar edle Sportsmänner dem bösartigen Kommerzmonster aus den Salzburger Bergen gegenüber. Wo in Wahrheit doch kein Grashalm zwischen Rostock und Burghausen getrimmt werden würde, wenn das Prinzip der Gewinnmaximierung nicht in der ganzen Branche gelten würde. Moralische Reinheit gibt`s in der Liga nicht. Aber schon mehr als graduelle Unterschiede. Schalke 04 oder Borussia Dortmund bedeuten Millionen Menschen etwas, RB Leipzig hatte noch 2008 keinen einzigen Fan. Was logisch war, weil es den Klub noch gar nicht gab. Produkteinführungen sind im Edeka-Markt manchmal ein Vergnügen, im Fußball braucht sie kein Mensch.
Überhaupt liegt dem Abscheu gegenüber RB Leipzig ein Denken zugrunde, das gerecht ist: Selbst wer das Leistungsprinzip tief verinnerlicht hat (wer Erster wird, hat den Aufstieg verdient, betonen an dieser Stelle gerne uneinsichtige Leserbriefschreiber), muss deswegen nicht jedes Gefühl für Fairness fahren lassen.
Natürlich soll jeder Schüler die Versetzung schaffen, dessen Noten gut genug dafür sind. Aber ich habe hundertmal mehr Respekt davor, wenn das einem Kind gelingt, dessen Eltern ihm in der Schule nicht helfen konnten, als wenn ein Millionärs-Sohn es dank hunderter Nachhilfestunden schafft, die die Eltern bezahlen.
Was übrigens eine interessante Parallele ist. Schließlich wollen auch die Neureichen mittleren Intellekts ihr Geld nicht nur genießen, sondern in der Regel von ihrer Umwelt auch geliebt werden. Sollte Letzteres den Leipziger Strategen je gelingen, hätte ich weniger Ahnung von Fußball als wenn ich die Abseitsregel nicht erklären könnte.
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