Ostbeauftragter Bergner: 17. Juni als Feiertag »wenig wirksam«

CDU-Politiker lehnt Vorschlag des Bundesbeauftragten Jahn ab / Erklärung der Linken-Spitze zum Aufbegehren in der DDR 1953

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (nd). Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, der CDU-Politiker Christoph Bergner, lehnt es ab, den 17. Juni wieder zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Auch er wünsche sich, dass die Erinnerung an das Aufbegehren in der DDR im Jahr 1953 „im öffentlichen Bewusstsein unseres Landes stärker verankert wird“, sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Dazu sei ein Feiertag aber „wenig wirksam“. Wie wenig ein solcher „das Geschichtsbewusstsein der Menschen beeinflusst, zeigt ein Blick auf die Feiertagskultur des 17. Juni in der alten Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre“, sagte Bergner. Der 17. Juni war in der Bundesrepublik von 1954 bis zur Wende als "Tag der deutschen Einheit" gesetzlicher Feiertag.

Zuvor hatte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen der DDR-Staatssicherheit, Roland Jahn, vorgeschlagen, den 17. Juni wieder als gesetzlichen Feiertag zu etablieren. Es sei ein Fehler gewesen, den Feiertag abzuschaffen, sagte Jahn. Mit dem 3. Oktober sei ein Tag zum Feiertag erkoren, „an dem ein Vertrag in Kraft getreten ist, und kein Tag, an dem die Menschen auf die Straße gegangen sind“. Dadurch seien die einschneidenden Ereignisse vom 17. Juni 1953 letztlich noch weiter in Vergessenheit geraten.

Zuvor hatten die Spitzen der Linkspartei die Erinnerung an den 17. Juni 1953 als „Ermutigung für die vielen, die heute kämpfen“ gewürdigt. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen die Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger sowie Linksfraktionschef Gregor Gysi zugleich von einer „Mahnung für die Regierungen, die heute Protest unterdrücken“.

In der noch jungen DDR sei damals „aus einem Protest gegen die schlechte Versorgungslage, gegen übersteigerten Leistungsdruck und Lohndrückerei“ ein Aufbegehren für freie Wahlen, Meinungsfreiheit und eine gerechte Versorgung der Bevölkerung geworden, heißt es weiter. Die Opfer des Aufstandes mahnten, „Sozialismus geht nur demokratisch oder es ist keiner“.

Die Linken-Spitze verwies zugleich darauf, dass der 60. Jahrestag des Aufstands in eine Zeit falle, „die viele neue Kämpfe sieht“ - von der arabischen Welt über die Occupy-Bewegung bis nach Istanbul. Man nehme gerade diesen Jahrestag zum Anlass, „um gegen die menschenunwürdige Behandlung der Demonstrantinnen und Demonstranten in der Türkei zu protestieren“.

Bereits Ende Mai hatte sich die Historische Kommission der Linkspartei in einer Erklärung gegen „einseitige, von der politischen Instrumentalisierung des Kalten Krieges geprägte Deutungsmuster“ des 17. Juni 1953 ausgesprochen. Die DDR-weiten Kundgebungen und Demonstrationen, an denen sich allein in Berlin rund 370.000 Menschen beteiligten, richteten sich gegen die Normerhöhungen und „stalinistische Maßregeln“, welche in der Bevölkerung „Zündstoff angehäuft“ hatten.

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