Türkei-Konflikt in Wien

Österreichischer grüner Bundesrat Dönmez: Erdogan-Anhänger raus!

  • Hannes Hofbauer, Wien
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Türkei ist noch nicht in der EU, ihr Konflikt aber schon angekommen - auch im EU-Staat Österreich. Der türkischstämmige Parlamentarier Efgani Dönmez (Grüne) will Türken, die zu Erdogan halten, abschieben.

Die innenpolitische Eskalation spielt sich vor einer für Sonntag geplanten Großkundgebung ab, auf der Tausende in Österreich lebende Türken ihre Unterstützung für Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan zum Ausdruck bringen wollen. Alle, die an dieser Demonstration teilnehmen, so meint der Sympathisant der Gezi-Park-Bewegung Efgani Dönmez, hätten in Österreich nichts verloren. Unterstützer Erdoğans »laufen unseren demokratischen Positionen zuwider (…) und sollen das in ihrem Herkunftsland machen«, setzte der Grünenpolitiker in einem Fernsehinterview nach: »Die wollen hier eine islamische Lebensform einführen.« Das müsse verhindert werden.

Efgani Dönmez ist einer von zwei grünen Bundesräten, Abgeordneten der Länderkammer des österreichischen Parlaments. Der 37-Jährige wurde von den oberösterreichischen Grünen in dieses Gremium entsandt. Der ausgebildete Sozialarbeiter bezeichnet sich selbst als säkularen Türken, er gibt sich liberal und modern. Mit seiner Forderung nach Abschiebung ihm unliebsamer Türken, die er als »überspitzte Formulierung« verstanden wissen will, hat er prompt Applaus von der FPÖ erhalten.

Grüne Mitstreiter finden solches Demokratieverständnis weniger gut. Der Streit zieht tiefe Gräben. Das Niveau der Debatte sinkt. Der Landessprecher der Wiener Grünen, Georg Prack, lässt Dönmez schriftlich ausrichten: »Fuck you«. Parteifreunde, die ihn lieber heute aus der Partei ausschließen wollen, werden mehr.

Kritik von der Parteispitze kontert Dönmez mit seiner Kenntnis der Umstände. Die fortschreitende Islamisierung der Gesellschaft sei ein ernstes Problem, das unter dem Deckmantel von Integrationspolitik systematisch verschwiegen werde. Er, Dönmez, fühle sich berufen, darauf aufmerksam zu machen. Sein Totalitätsanspruch trägt durchaus grüne Züge. Vermeintlich oder wirklich Gutes mit Verboten durchsetzen zu wollen, bis hin zur Unterstützung von Krieg für Menschenrechte, vertragen sich mit Dönmez‘ Verständnis von Meinungsfreiheit: Wenn es die »falsche« Meinung sei, gelte es, sie zu unterbinden.

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