Mehr ältere Menschen: 2,5 Millionen barrierefreie und bezahlbare Wohnungen fehlen
Bündnis aus Mieterbund, Gewerkschaft und Sozialverband schlägt Alarm / Seniorengerechte Wohnungen können auch Pflegekosten mindern
Berlin (Agenturen/nd). Angesichts der wachsenden Zahl älterer und pflegebedürftiger Menschen in der Bundesrepublik schlagen Mieterbund, Sozialverband und Bau-Gewerkschaft nun Alarm: Es fehlen altersgerechte Wohnungen und auch auf die künftigen Rentner komme ein gewaltiges Problem zu.
Laut einer Studie des Pestel-Instituts, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde, müssen schon in den kommenden acht Jahren rund 2,5 Millionen zusätzliche barrierefreie Wohnungen für alte Menschen geschaffen werden. Das bedeute für den entsprechenden Umbau eine Gesamtinvestition von 3,9 Milliarden Euro. Auf Grundlage der jüngsten Zensus-Zahlen haben die Forscher für das Jahr 2035 knapp 24 Millionen Bürger in der Altersgruppe über 65 Jahre errechnet. Das wären gut 40 Prozent mehr als heute.
Die Studie mit dem Titel »Wohnen 65plus« wurde von einem Verbände-Bündnis initiiert, dem unter anderem der Deutsche Mieterbund, der Sozialverband VdK Deutschland, der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt angehören.
Die Politik müsse dabei neben Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau verstärkt auch auf direkte Bau-Zuschüsse und die steuerliche Abschreibung setzen. »Denn ein Kredit mit zwanzig Jahren Laufzeit stößt bei einem 70-Jährigen in der Regel nur auf wenig Interesse«, erklärte Studienleiter Matthias Günther. Zudem seien die Menschen zunehmend von Altersarmut betroffen. Deshalb bräuchten sie kleinere und bezahlbare Wohnungen.
Der Studie zufolge ließe sich mit seniorengerechten Wohnungen auch ein Teil der Pflegekosten vermeiden. Wer heute als älterer Mensch auf Pflege angewiesen sei und keine altersgerechte Wohnung habe, müsse oft allein deshalb ins Pflegeheim, weil eine ambulante Betreuung zu Hause nicht mehr möglich ist. »Wenn sich nichts ändert, wird das künftig die Regel sein«, erklärte Günther. Für die Pflegekosten sei dies »fatal«.
Die Mehrkosten der stationären gegenüber der ambulanten Pflege liegen demnach bei rund 7.200 Euro pro Jahr. Dagegen koste der Umbau zur barrierearmen Wohnung durchschnittlich 15.600 Euro. Schon mit den Extrakosten für die Heimpflege lasse sich eine seniorengerechte Wohnungssanierung in gut zwei Jahren finanzieren, heißt es in der Studie weiter.
Der Studie zufolge werden im Jahr 2035 in Deutschland nahezu 24 Millionen Menschen älter als 65 Jahre sein - 40 Prozent mehr als heute. Zudem werde die Zahl der Pflegebedürftigen bis dahin voraussichtlich auf 3,5 Millionen steigen. Zugleich würden die Pflegekosten explodieren: 2035 erwartet das Institut knapp 33 Milliarden Euro an Kosten bei der Pflegeversicherung, das wären 50 Prozent mehr als heute.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.