Exportmeister Saarland
Ein Jahr nach Schließung der letzten Kohlegrube wird insbesondere auf die Autobranche gesetzt
Saarbrücken. Der Bergbau im Saarland ist seit einem Jahr Geschichte. Aber nicht vergessen. Mit einem »Tag des Bergmanns« will der Landesverband an diesem Sonntag die Traditionen wachhalten. Und die Fördertürme und Halden werden noch Jahrzehnte vom schwarzen Gold künden, das jahrzehntelang für Wohlstand an der Saar sorgte. Doch die Wirtschaft hat längst ein neues Gesicht. Das Saarland ist vom Stahl- und Kohle- zum Autoland geworden.
»Es gibt nur wenige Regionen in Europa, in denen sich die wirtschaftlichen Strukturen so grundlegend gewandelt haben - und dazu noch erfolgreich«, sagt der Hauptgeschäftsführer der Indus-trie- und Handelskammer Saar, Volker Giersch. »Weitgehend unbemerkt hat sich das Land zu einer der wachstums- und exportstärksten Regionen Deutschlands entwickelt.« Zwar gingen seit 1960 rund 80 000 Arbeitsplätze bei Gruben und Hütten verloren, die meisten im Bergbau. In fünf Jahrzehnten wurden aber mehr als 200 Industriebetriebe mit 40 000 Arbeitsplätzen angesiedelt. Die in den 1980er Jahren kriselnde Stahlindustrie wurde zur High-Tech-Branche mit 11 000 Arbeitsplätzen entwickelt. Und die Arbeitslosenquote liegt mit 7,4 Prozent im Mittelfeld der Bundesländer. Von »strukturschwach« ist keine Rede mehr.
Der Motor der Saar-Wirtschaft sind indes der Maschinenbau und die Autoindustrie. Größter Arbeitgeber im Land sind mit bald mehr als 9000 Beschäftigten der Getriebehersteller ZF sowie Bosch (Einspritzpumpen) und das Saarlouiser Werk von Ford mit je etwa 6000 Angestellten. Die Werke sind technisch auf dem neuesten Stand.
»Die Wirtschaft des Landes ist nicht schlecht aufgestellt«, räumt auch Wirtschaftsprofessor Heinz Bierbaum von der Linkspartei ein. Ein Problem sei, dass die Firmenzentralen der großen Unternehmen nicht im Saarland liegen: »Die Entscheidungen werden eben nicht in Saarlouis oder Saarbrücken getroffen«, stellt Bierbaum fest.
Fluch und Segen zugleich ist für die Saar-Industrie die Abhängigkeit von der Weltwirtschaft - bis zu 70 Prozent der Produkte gehen direkt oder indirekt ins Ausland. Die Wirtschaft profitiert so besonders von Konjunkturhochs, bekommt aber auch die Tiefs zu spüren. Zudem sitzt das Saarland auf einem Schuldenberg von 13 Milliarden Euro. Rund die Hälfte davon gehen nach Schätzungen auf das Konto des Strukturwandels. Das Land hängt am Tropf der Geberländer und muss zur Einhaltung der Schuldenbremse kräftig sparen.
Wirtschaft und CDU/SPD-Regierung plagt jetzt die Sorge um Facharbeiter. Hier droht nach Einschätzung der Demoskopen noch schneller ein Mangel als in anderen Teilen der Republik. Die Landesregierung hat erste Programme aufgelegt, um Langzeitarbeitslose zu reaktivieren, die Ausbildung im Land zu verbessern, Azubis aus dem angrenzenden Lothringen und Fachkräfte aus anderen Teilen Deutschlands anzulocken.
Die Arbeiten unter Tage sind indes beendet. Die Maschinen und andere Gerätschaften wurden nach oben geholt, verschrottet, nach Nordrhein-Westfalen gebracht oder ins Ausland verkauft. Die meisten Schächte sind mit Beton verfüllt. Doch der Bergwerkskonzern RAG hat noch Einiges zu tun. So wird es Jahrzehnte dauern, bis die Stollen kontrolliert mit Wasser gefüllt und damit voll stabilisiert sind.
Und jetzt steht vor allem die Entwicklung von rund 2750 Hektar Bergbauflächen und rund 800 Gebäuden an. Die Planungen für Gewerbe- und Energieparks, Industriedenkmäler und Freizeitflächen sind angelaufen. Dabei schauen auch die Nordrhein-Westfalen genau hin. An Rhein und Ruhr endet 2018 der Bergbau in Deutschland insgesamt. »Wir sind im Saarland die erste Region, in der ein komplettes Revier abgewickelt wird«, sagt der Saar-Repräsentant der RAG Montan Immobilien GmbH, Rudolf Krumm. Besonders interessant sind dabei die Projekte für die Entwicklung Neuer Energien.
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