Einwanderungsgesetz spaltet US-Politik

Nach der Annahme durch den Senat kommt nun der Kampf um die Mehrheit im Repräsentantenhaus

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Der US-Senat hat am Donnerstag die Reform des Einwanderungsgesetzes beschlossen. Auch wenn das Gesetz damit noch nicht endgültig verabschiedet ist, gilt die Annahme als großer Schritt zur Lösung eines Problems, mit dem sich die Politik schon seit Jahren beschäftigt.

Von den Befürwortern des Gesetzes, darunter das Weiße Haus, wird nun eine intensive Lobbyarbeit erwartet, um das Repräsentantenhaus, die zweite Kammer des Kongresses, von dem Gesetz zu überzeugen. Ultrarechte Republikaner haben bereits Bedenken gegen das Gesetz geäußert und angemerkt, der Senat würde zu viel Nachsicht gegenüber den elf Millionen illegal in den USA lebenden Einwanderern zeigen. Im Senat wurde das Gesetz mit 68 zu 32 Stimmen angenommen. 14 Republikaner schlossen sich der demokratischen Mehrheit an - ein äußerst seltener Vorgang. »Unsere Freunde im Repräsentantenhaus bitten wir, das Gesetz abzuwägen. Wir setzen uns gerne mit euch zusammen und besprechen es«, erklärte der republikanische Senator John McCain. Er hatte gemeinsam mit Präsident Barack Obama daran mitgearbeitet, das Gesetz im Senat durchzusetzen.

Obama schlug in dieselbe Kerbe. »Wir haben nun die einmalige Gelegenheit, ein System zu reparieren und dafür zu sorgen, dass unsere Tradition als Nation der Gesetze und der Einwanderer bestehen bleibt. Jetzt muss der Kongress die Sache nur noch zu einem Abschluss bringen.« Das Gesetz war so gestaltet worden, dass sich gleich zwei Gruppen darin wiederfinden: Einerseits die Befürworter härterer Grenzkontrollen und andererseits die Politiker, die den illegal in den USA lebenden Einwanderern eine Perspektive zum Erlangen der Staatsbürgerschaft bieten wollen. Sollte das Gesetz in Kraft treten, werden 46 Milliarden Dollar für die Grenzsicherung ausgegeben. Damit wird auch die Fertigstellung einer mehr als 1000 Kilometer langen und schwer befestigten Grenzanlage zwischen den USA und Mexiko finanziert. Erst danach treten andere Aspekte des Gesetzes in Kraft.

Bislang illegal im Land lebende Einwanderer erhalten nach einem Prozess von 13 Jahren die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Dazu wird ihr gesamtes Leben durchleuchtet, um Kriminelle auszufiltern. Sie müssen ihre Englischkenntnisse nachweisen und Steuerrückstände ausgleichen. Arbeitgeber müssten zudem den Wohnsitz ihrer Angestellten überprüfen und es käme an Flughäfen und Häfen zu stärkeren Kontrollen. Trotz dieser Maßnahmen fordert John Boehner, republikanischer Sprecher des Repräsentantenhauses, noch mehr Sicherheiten. »Wir werden jetzt nicht das Gesetz annehmen, nur weil es der Senat getan hat. Wir werden einen eigenen Entwurf vorlegen, der den Willen unserer Mehrheit und den des amerikanischen Volkes widerspiegelt.«

Doch Boehner steht vor einem Dilemma. Er könnte leicht eine Koalition aus gemäßigten Republikanern und Demokraten zusammenstellen und das Gesetz absegnen. Damit würde er viele Wähler mit lateinamerikanischem Hintergrund auf Seiten der Republikaner ziehen. Doch sein Gremium wird von den Abgeordneten der ultrakonservativen und einwanderungsfeindlichen Tea Party dominiert. Ohne deren Zustimmung wird Boehner dem Gesetz nicht zustimmen. Die Tea Party verweist auf den demografischen Wandel.

Bis 2050 soll laut Prognosen ein Drittel aller US-Amerikaner lateinamerikanische Wurzeln haben. US-Amerikaner mit europäischem Hintergrund würden ihre Mehrheit mit dem Gesetz noch schneller verlieren. Bei Einwanderern ist die Tea Party nicht beliebt. So ist es unwahrscheinlich, dass sie ihren Standpunkt ändert.

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