Keine Lust auf Wünsche
Uwe Kalbe über den Appell von UNICEF, der Kinderarmut in Deutschland zu begegnen
In Deutschland sinkt die Lust auf Kinder kaum. Trotz Krise und anders als in anderen EU-Ländern, wo Arbeitslosigkeit junge Paare offenkundig veranlasst, ihre Familienplanung zu ändern. Das spielt auf den ersten Blick der These in die Hand, dass die Reformen der letzten Jahre hier Erfolg zeitigen. Oder: Dass Deutschland in Sachen Krise über den Berg ist. Man hört schon die Arbeitsmarktexperten der Union, wie sie erneut auf gesunkene Arbeitslosigkeit und gesicherte Verhältnisse verweisen.
Wer schon ganz unten ist in Sachen Geburtenrate, kann nicht tiefer sinken. Das ist eine andere Möglichkeit, die Zahlen zu betrachten. Junge Paare schrecken in Deutschland seit langem vor dem eigenen Kinderwunsch zurück. Und tatsächlich preist sich Deutschland dem vermeintlich verschwenderischen Europa ja als leuchtendes Beispiel des Verzichts - auf Löhne, gute Arbeit, sichere Renten. Und in der Folge halt auf Kinder. Gerade Konservative brüsten sich gern mit diesen Errungenschaften der deutschen Agenda, völlig quer zum eigenen idealisierten Familienbild.
Keine Lust auf Wünsche. Das bleibt, wenn zum Verzicht die Predigt auf Verzicht kommt. Doch der Appell von UNICEF, der Kinderarmut in Deutschland zu begegnen, ist kein Ruf zur Völlerei. Auch wenn hier kein Kind verhungern mag, ist die Kluft zwischen Arm und Reich schon im Kindesalter riesig. Eines ist sicher: Geburtenraten steigen erst dann, wenn Sicherheit von der Mehrheit Besitz ergreift. Oder umgekehrt.
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