Snowden: Gefangener in der Moskauer Transitzone
Ex.Geheimdlienstler sitzt vorerst weiter auf Flughafen fest / Whistleblower-Preis für den Ex-Geheimdienstler
Widersprüchliche Meldungen am Mittwoch im Fall Snowden: Während die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti am Nachmittag zunächst berichtete, der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden habe die notwendigen Papiere der Moskauer Migrationsbehörde erhalten und dürfe den Flughafen Scheremetjewo verlassen, dementierte dessen Anwalt Anatoli Kutscherena das Gerücht wenige Stunden später. Ein entsprechender Antrag werde noch geprüft, so der Anwalt.
Snowden war am 23. Juni aus Hongkong kommend in Moskau gelandet und soll sich seitdem ununterbrochen im Transitbereich des Flughafens aufhalten, um einer Verhaftung zu entgehen. Während der 30-Jährige damit wohl weiterhin auf dem Flughafen feststeckt, haben mehrere deutsche Organisationen erneut politisches Asyl für den Whistleblower in der Bundesrepublik gefordert.
Nicht weniger als ein »politisches Erdbeben« habe Edward Snowden durch seine Enthüllungen ausgelöst, erklärte der Vorsitzende der deutschen Sektion der Juristen für den Frieden (Ialana), Otto Jäckel, am Mittwoch in Berlin. Der Ex-Geheimdienstmitarbeiter erhält den Whistleblower-Preis 2013, da er schwerwiegende persönliche Nachteile in Kauf nehme und sich um die Gesellschaft verdient mache, so die Jury. Die Auszeichnung wird seit 1999 alle zwei Jahre von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) und der Ialana vergeben. In diesem Jahr beteiligt sich erstmalig die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland an dem mit 3000 Euro dotierten Preis, der am 30. August in Berlin überreicht werden soll. Ob Snowden an der Preisverleihung teilnimmt, hängt laut den Organisatoren davon ab, ob die Bundesregierung ihre bisherige Haltung korrigiert und dem Whistleblower in Deutschland Unterschlupf gewährt.
Snowdens Enthüllungen seien Ausdruck großer Zivilcourage und nicht das Verhalten eines Denunzianten, sagte die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller. Die Jury des Whistleblower-Preises forderte die Aufnahme Snowdens in ein deutsches Zeugenschutzprogramm.
Der frühere Geheimdienstmitarbeiter könnte ein wichtiger Zeuge sein, falls es zu einer juristischen Aufarbeitung infolge der Enthüllungen kommt. Jäckel erinnerte die Bundesjustizministerin und die Generalbundesanwaltschaft daran, die systematische Überwachung durch die NSA auf strafrechtliche Folgen für die Verantwortlichen zu prüfen. Zudem forderte die Jury einen besseren Schutz von Personen, die Geheimnisse von Unternehmen und Organisationen zum Wohle der Allgemeinheit offenlegen.
Derweil versuchte am Mittwoch eine kleine Gruppe von Republikanern und Demokraten im US-Kongress, die Befugnisse des Geheimdienstes NSA mit einer Gesetzesinitiative einschränken. Mit dem Antrag fordern die Abgeordneten, dass der Geheimdienst Telefonate und E-Mails nur noch bei konkreten Ermittlungsverfahren ausforschen dürfe. Das Weiße Haus lehnt den Vorstoß vehement ab. Bis Redaktionsschluss lag das Ergebnis der Abstimmung noch nicht vor.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.