Auch Rosen sind jetzt fair

Umsatz mit Fair-Handels-Produkten stieg 2012 auf über 650 Millionen Euro

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten über katastrophale Arbeitsbedingungen im globalen Süden lassen hierzulande immer mehr Menschen gerecht gehandelte Produkte kaufen.

Der Kaffee schmeckt besser, wenn man weiß, dass ihn keine Kinderhände gepflückt haben. Das denken sich immer mehr Verbraucher in Deutschland und greifen im Supermarkt zum fair gehandelten Produkt. Denn der Umsatz der Fair Trade-Branche hierzulande legte im Jahr 2012 mit 35 Prozen zu, wie das Forum Fairer Handel am Dienstag mitteilte. Demnach geben die deutschen Verbraucher rund 650 Millionen Euro für ihr gutes Gewissen aus.

Damit hält die Erfolgsstory der Waren, bei denen die Produzenten durch höhere Preise profitieren, weiter an. Im Jahr 2004 etwa betrug der Gesamtabsatz noch 99 Millionen Euro, seitdem ist er kontinuierlich gestiegen. Alleine im vergangen Jahr gab es ein Plus von 170 Millionen Euro. »Wir haben mindestens 1,4 Millionen Produzenten, die direkt vom fairen Handel profitieren«, sagt die Geschäftsführerin des Forums Fairer Handel, Antje Edler. Rechnet man deren Familienmitglieder hinzu, wären das insgesamt sechs Millionen Menschen. Dabei verteilen sich die Handelspartner mit 33 Prozent in Asien, 32 Prozent in Lateinamerika und 28 Prozent in Afrika relativ gleichmäßig auf die ärmsten Kontinente der Welt.

Zahlen & Fakten

Fast jeder zweite Deutsche kauft fair gehandelte Waren ein. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die das Forum Fairer Handel vor Kurzem durchführen ließ. Die wichtigsten Gründe für den Griff zum meist teureren Produkt sind mit 86,8 Prozent die Ablehnung von Kinderarbeit und mit 66,9 Prozent der Wunsch nach fairen Preisen für die Produzenten.

Qualität und Geschmack, die in den letzten Jahren wichtige Beweggründe waren, haben hingegen an Bedeutung verloren. So sprechen sich derzeit 53,1 Prozent der Verbraucher in Deutschland für Verhaltensgesetze für Unternehmen als ein wichtiges Instrument für mehr Gerechtigkeit aus. nd

Das Gute-Gewissen-Produkt Nummer Eins ist nach wie vor der Kaffee. Mit einem Volumen von 11 675 Tonnen verzeichnete der Kaffeeabsatz ein Plus von 25 Prozent und machte 41 Prozent des Gesamtabsatzes der deutschen Fair-Handels-Importeure aus. Mit einem Marktanteil von 2,3 Prozent am gesamten Kaffeemarkt ist der faire Muntermacher aber noch ein kleines Nischenprodukt.

Auch andere klassische Fair-Handels-Produkte wie Tee oder Schokolade machen noch immer den Löwenanteil der gerecht gehandelten Waren aus. Insgesamt machten die Lebensmittel 76 Prozent des Gesamtumsatzes aller fair gehandelten Güter aus. Weil die Fair-Handels-Initiativen auch wert auf einen nachhaltigen Anbau legen, sind die Hälfte der Lebensmittel bio-zertifiziert. Bei den Südfrüchten, die 2012 ein Plus von 56 Prozent verzeichneten, sind sogar 90 Prozent bio.

Doch »eine richtige Erfolgsgeschichte waren die Fair-Trade-Rosen«, erzählt Edeler. Mit einem Plus von 219 Prozent hat sich Deutschland an die Spitze des Handels mit fair-trade-zertifizierten Blumen befördert. Mittlerweile ist hierzulande fast jede fünfte Blume unter guten Bedingungen gezüchtet worden.

Andere Produktgruppen sind weniger stark vertreten, weil ihre Herstellung oft komplizierter ist, und ihre Zertifizierung dadurch aufwendiger wird. So gibt es bisher noch kein Siegel für Kleidung. Angesichts der katastrophalen und lebensbedrohlichen Arbeitsbedingungen der Textilarbeiter in Bangladesch plant Transfair international aber derzeit ein Siegel für faire Arbeitsbedingungen.

Der Weg hin zu einer gerechten Weltwirtschaft ist allerdings noch sehr weit. »Mangelnder Arbeitsschutz, Hungerlöhne, Unterdrückung von Gewerkschaften sind im globalen Süden eher die Regel als die Ausnahme«, sagt Edler. Eine ihrer Forderungen ist deshalb, dass die Bundesregierung dafür Sorge trägt, dass alle Unternehmen bei ihrer weltweiten Geschäftstätigkeit ihrer menschenrechtlichen Verantwortung nachkommen. »Unternehmen sollten dafür haftbar gemacht werden können, wenn sie Menschenrechte verletzen oder deren Verletzung billigend in Kauf nehmen, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit«, forderte Elder.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -