Wo ist das Gold geblieben?
Notenbanken: 450 Milliarden Dollar Verlust seit Jahresbeginn
Die Notenbanken dieser Welt haben im ersten Halbjahr fast 450 Milliarden Dollar verloren. Grund ist der Preisverfall bei Gold. Dies geht aus einem Bericht des Londoner Fachblattes »Central Banking« hervor, das sich auf neue Daten des World Gold Council beruft. Demnach hat allein die Bundesbank 49 Milliarden Dollar eingebüßt. Größere Verluste notierten auch Italien und Frankreich (je 36 Milliarden) sowie China (15 Milliarden). Die Schweizerische Nationalbank folgt mit rund 14 Milliarden Dollar. Am härtesten traf es die US-amerikanische Fed (110 Milliarden).
»Man braucht die Notenbanken nicht zu sehr bedauern«, beruhigt der Infodienst »Boerse-Express«. Viele sitzen seit Jahrzehnten auf ihren Goldbeständen und verzeichnen, auch wenn es zuletzt bergab ging, unterm Strich erhebliche Buchgewinne. Bis zur Krise dümpelte der Preis für eine Feinunze Gold (à 31 Gramm) unter der 500-Dollar-Marke dahin. Obwohl er im ersten Halbjahr 2013 um ein Viertel fiel, liegt er aktuell bei über 1300 Dollar - summa summarum ein satter Buchgewinn. Anders ergeht es Ländern, die ihre Reserven erst seit kurzem halten oder gar in den letzten Monaten massiv aufgestockt haben, wie die Türkei, Russland, Südkorea, Mexiko und Venezuela. Kritisch sieht »Central Banking« den Fall Zypern. Die Inselrepublik könnte aus wirtschaftlichen Gründen genötigt sein, Gold zu verkaufen, und müsste dann die Buchverluste realisieren.
Viel Beachtung fand kürzlich die Behauptung von Hedgefonds-Manager William Kaye: »Deutschland wird das Gold nie wieder sehen.« Die in den USA gelagerten Reserven seien für Spekulationen von Investmentbanken draufgegangen. Solche Verschwörungstheorien hält die Bundesbank für abwegig. Auf Anfrage versichert ein Sprecher, dass »die Deutsche Bundesbank die volle Kontrolle über ihre Goldreserven hat«.
Der Großteil lagert aus historischen Gründen in Tresoren der westlichen Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, allein 45 Prozent in New York, mehr als 10 Prozent jeweils in London und Paris. Das bietet Vorteile: Die Bundesbank kann notfalls binnen kürzester Zeit Gold in Fremdwährungen im Ausland tauschen.
Bis 2020 will sie aber schrittweise 300 Tonnen aus New York sowie 374 Tonnen aus Paris nach Frankfurt verlagern. Die Auflösung des Goldlagers in Paris trage den »geänderten Rahmenbedingungen« Rechnung: Seit der Euro-Einführung ist die Bundesbank nicht mehr auf den Finanzplatz Paris angewiesen, um Gold gegen Franc zu tauschen. Außerdem seien Tresorkapazitäten in Frankfurt frei geworden. Gold ist eben auch physisch ein Schwergewicht, das größere Platzprobleme bereiten kann.
Der relativ kleine Goldbestand der Europäischen Zentralbank (EZB) von etwa 500 Tonnen - Wert gut 25 Milliarden Dollar - wird in London, Paris, Lissabon, New York und Rom verwahrt. Das Gold, so ein Sprecher gegenüber »nd«, lagerte an diesen Orten, »lange bevor das Eigentumsrecht auf die EZB übertragen wurde«. Diese gibt es erst seit 1998. Eine Verlagerung wird als zu teuer angesehen. »Die Goldbarren sind einzeln identifizierbar und jedes Jahr erhält die EZB einen detaillierten Bericht zu unseren Goldbeständen.« Gerüchte, wonach dieses Gold verschwunden sein könnte, seien »kompletter Unsinn«.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.