»Transparenz ist nur ein schönes Wort«

Asse: Kritik am Bundesamt für Strahlenschutz wird schärfer

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Im Streit um die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse in Niedersachsen wird der Ton zwischen Betreiber und Bürgerinitiativen rauer.

»Der Asse-2-Koordinationskreis ist empört über die Art und Weise, wie das Bundesamt für Strahlenschutz entgegen den Absprachen mit der Bevölkerung umgeht«, sagt Udo Dettmann. Er ist Sprecher des Koordinationskreises, in dem die Atomkraftgegner aus der Region zusammenarbeiten. Das BfS habe damit begonnen, den Zugang zur Einlagerungskammer 10 auf der 750-Meter-Sohle und den Bereich davor mit Beton zu verfüllen, kritisiert Dettmann. Dies sei ein Wortbruch. Denn der Betreiber habe versprochen, erst ein konkretes Rückholungskonzept vorzulegen, bevor Maßnahmen eingeleitet würden, die eine Rückholung behinderten. Das Zubetonieren sei Bestandteil des Flutungskonzeptes des alten Betreibers Helmholtz-Zentrum München. Auf der 750-Meter-Sohle liegen die meisten Kammern mit Atommüll.

»Es ist schon erstaunlich, wie das BfS Transparenz lebt«, so Dettmann weiter: »Pressemeldungen zu jedem Einsatz ihres Info-Mobils auf Wochenmärkten, aber keine Meldung über diese einschneidende Maßnahme der Verfüllung auf der 750-m-Sohle.«

Atommüll-Klassen

Wegen der unterschiedlichen Ansprüche an die Lagerung wird Atommüll nach seiner Radioaktivität eingeteilt. Von hochradioaktiven Abfällen (mehr als 1014 Becquerel pro m³) geht nicht nur die intensivste Strahlung aus, der Kernzerfall erzeugt auch reichlich Wärme (2 bis 20 Kilowatt pro m³).

Mittelradioaktive Abfälle (1010 bis 1015 Bq/m³) müssen abgeschirmt, aber kaum gekühlt werden. Schwachradioaktiver Abfall (weniger als 1011 Bq/m³) braucht laut Internationaler Atomenergie-Agentur bei Handhabung und Transport keine besondere Abschirmung.

 

Heike Wiegel vom Verein »AufpASSEn« verweist auf Laugenzutritte in die benachbarte Kammer 9. Es sei zu befürchten, dass in die Kammer 10 ebenfalls Salzwasser eintrete. »Zielführend wäre ein sauber konzipiertes Drainagesystem, um das Wasser kontrolliert von den Einlagerungskammern und dem Atommüll fernzuhalten«, sagt sie. Das werde nach den Verfüllungen sehr schwer. Auch die Asse-2-Begleitgruppe im Landkreis Wolfenbüttel und die aus Wissenschaftlern bestehende »Arbeitsgruppe Option Rückholung« haben sich gegen diese Verfüllmaßnahmen ausgesprochen.

Das Bundesamt verwahrt sich gegen die Kritik. »Es kann keine Rede davon sein, dass das BfS heimlich Verfüllmaßnahmen auf der 750-m-Sohle durchführt«, sagt eine Sprecherin der Behörde. Es handele sich um Vorsorgemaßnahmen für den Fall eines unbeherrschbaren Wasserzutritts, diese Arbeiten würden seit 2010 öffentlich diskutiert. Das BfS habe die Asse-2-Begleitgruppe laufend über Planungen informiert, sich der Kritik gestellt und Anregungen in das Konzept der Vorsorgemaßnahmen einfließen lassen.

Auch die inhaltliche Kritik an den Verfüllmaßnahmen kann das BfS nicht teilen. Die Herstellung von Stabilität durch Verfüllen von Hohlräumen, in denen keine radioaktiven Abfälle lagerten, sei eine Voraussetzung für die Rückholung und behindere sie nicht.

Die Bürgerinitiativen kritisieren weiter, dass bis heute noch keine Ausschreibung der Planung für die Rückholung vorliege, obwohl die Unterlagen bereits erarbeitet seien. Das BfS weist auch diese Vorwürfe zurück. Die Planung zur Rückholung sei »seit mehreren Monaten in Arbeit«. Das Ingenieurbüro DMT GmbH & Co. KG habe den Auftrag erhalten, eine Machbarkeitsstudie zum optimalen Vorgehen bei der Bergung der schwachradioaktiven Abfälle zu erstellen. »Die DMT arbeitet seit Ende April 2013 daran und will Ergebnisse noch 2013 vorlegen«, so das Bundesamt.

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