Sinti und Roma in Europa

Europarat schätzt ihre Zahl heute auf etwa 11,2 Millionen

  • Mattes Dellbrück
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Volksgruppe der Sinti und Roma ist die größte Minderheit in Europa. Ihre ursprüngliche Heimat war Indien. Im 11. Jahrhundert setzte eine massive Auswanderung ein - vermutlich flohen die Menschen vor muslimischen Eroberern. Bis zum 16. Jahrhundert verteilten sie sich über den europäischen Kontinent, wo sie oft nicht willkommen waren. In Nazi-Deutschland erreichten Diskriminierung und Verfolgung einen Höhepunkt: Zwischen 1933 und 1945 wurden rund eine halbe Million Sinti und Roma ermordet.

Der Europarat schätzt ihre Zahl heute auf etwa 11,2 Millionen. Mit der Erweiterung der Europäischen Union sind seit 2004 viele von ihnen EU-Bürger geworden. In den 28 Mitgliedstaaten sollen mittlerweile über sechs Millionen wohnen. In Bulgarien, Mazedonien, Rumänien, der Slowakei und Serbien ist ihr Anteil an der Bevölkerung am größten - bis zu zehn Prozent; doch ist die Erfassung nicht einfach. Auch für Ungarn reichen die Schätzungen von 300 000 bis zu einer Million. In Westeuropa fällt der Anteil an der Gesamtbevölkerung geringer aus. In Spanien z.B haben rund 750 000 Sinti und Roma ihr Zuhause, in Frankreich rund 400 000. Deutschland nennen gut 100 000 von ihnen ihre Heimat.

Laut einer Untersuchung der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) ist ihre soziale Situation sehr schwierig. 80 Prozent der befragten Roma aus elf EU-Staaten leben in einem Haushalt, der von Armut bedroht ist; weniger als ein Drittel von ihnen hat eine feste Arbeit. Nur 15 Prozent können Abitur oder ähnliche Abschlüsse vorweisen. Bei anderen EU-Bürgern liegt dieser Anteil bei 70 Prozent. 45 Prozent der Befragten darben in Wohnungen ohne Küche, sanitäre Einrichtungen und Strom.

Etwa jeder Zweite gab zudem an, Opfer von ethnisch motivierten Diskriminierungen geworden zu sein. Viele seien auch nicht über ihre Rechte informiert. Im Vorjahr sind laut Europäischer Vereinigung für die Verteidigung der Menschenrechte (AEDH) allein in Frankreich fast 12 000 Roma aus illegalen Lagern vertrieben und 117 Camps geräumt worden. Immer wieder kommt es wie im ungarischen Tarnabod zu rassistischen Anschlägen. Eine Roma-feindliche Stimmung drohe in Tschechien sogar die innere Sicherheit zu gefährden, heißt es im jüngsten Extremismusbericht des Inlandsgeheimdienst BIS. Zuletzt war es in Ceske Budejovice zu rechtsradikalen Kundgebungen gekommen.

Die EU-Menschenrechtsagentur hat »rasche und wirksame« Maßnahmen zur besseren Ausbildung von Sinti und Roma gefordert. Sie seien notwendig, um ihre Zukunftschancen zu verbessern und sie aus dem »Teufelskreis von Diskriminierung, sozialer Ausgliederung und Armut« zu befreien.

Weiterlesen:

Im Schlamm gefangen
Ungarische Roma-Kinder im Dorf Tarnabod haben kaum eine Chance auf eine bessere Zukunft

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -