Gedenken an Frank Bönisch

Rechtsmotivierter Mord in Koblenzer Innenstadt jährt sich zum 21. Mal

  • Jan Tölva
  • Lesedauer: 2 Min.
Parallel zu den Brandanschlägen in Rostock-Lichtenhagen wurde 1992 in Koblenz Frank Bönisch ermordet. Der Täter wollte »seinem Vaterland dienen«.

Mindestens 184 Todesfälle als Folge rechter und rassistischer Gewalt hat es seit 1990 in Deutschland gegeben. Einige dieser Fälle sind in der bundesweiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Ein solcher ist der von Frank Bönisch aus Koblenz, dessen Todestag sich am 24. August zum 21. Mal jährte. Damals, im August 1992, waren alle Augen auf Rostock-Lichtenhagen gerichtet, wo Neonazis unter dem Beifall von Tausenden Anwohnern ein von ehemaligen Vertragsarbeitern aus Vietnam bewohntes Haus angriffen und in Brand setzten.

Auch Freunde von Andy H. aus Koblenz waren in Rostock dabei. Er selbst war daheim geblieben und doch wollte auch er »seinem Vaterland dienen«, wie er es später nannte. Er beschaffte sich eine Pistole aus dem Waffenschrank seines Vaters und feuerte auf dem Zentralplatz ein ganzes Magazin auf eine Gruppe Punks und Wohnungsloser. Acht Menschen wurden verletzt. Einer von ihnen, der 35-jährige Obdachlose Frank Bönisch, erlag noch am selben Tag seinen Verletzungen. Andy H. wurde verhaftet und zu 15 Jahren Freiheitsstrafe wegen Mordes und siebenfachen Mordversuchs verurteilt. Laut Gericht hatte er »aus Hass auf Obdachlose und sozial Randständige« gehandelt. In Koblenz und in der Politik wollten viele dennoch nichts von einem rechten Tatmotiv wissen. Sie glaubten lieber weiter an einen »Amoklauf ohne politischen Hintergrund«. Auch dass Andy H. ein Hakenkreuz auf dem Oberarm tätowiert hatte und der neonazistischen »Skinhead Front Coblenz« zugerechnet wurde, konnte sie nicht von dieser Deutung abbringen.

Die 2011 gegründete Initiative »Kein Vergessen« hielt am vergangenen Wochenende im dritten Jahr in Folge eine Gedenkveranstaltung für Frank Bönisch ab. An der Demonstration und dem anschließenden Konzert in der Innenstadt nahmen 250 Menschen teil. Anna Schubert, Sprecherin der Initiative, zeigte sich sehr zufrieden mit dem Tag. Zu Störungen von Seiten örtlicher Neonazis, wie es sie vor zwei Jahren gegeben hatte und wie die Polizei sie auch in diesem Jahr wieder befürchtete, war es dagegen zur Erleichterung aller nicht gekommen.

Auch abseits des Jahrestages ist die von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis getragene Initiative sehr aktiv, schreibt eine Broschüre und bietet Workshops in Schulen an. Im März wurde zudem eine Gedenkplatte verlegt. Wichtig sei darüber hinaus, sich mit den Hintergründen der Tat auseinanderzusetzen, »vor allem mit dem Alltagsrassismus und der damaligen nationalistischen Aufbruchstimmung«, fordert Schubert, »und das gerade in Tagen wie diesen, in denen die Schlagzeilen in der Debatte um Asylbewerber wieder stark an damals erinnern«. Die Initiative hat angekündigt, auch im kommenden Jahr den Todestag Bönischs wieder aufgreifen zu wollen.

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