Kritik an Programm für Aussteiger
Sachsen-Anhalt plant Stelle bei Geheimdienst
Magdeburg/Halle (epd). Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt plant nach einem Zeitungsbericht ein neues Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten. Der Start sei frühestens für Mitte November geplant. Allerdings werde es bereits jetzt von Experten infrage gestellt, berichtet die in Halle erscheinende »Mitteldeutsche Zeitung« (Mittwochsausgabe). Hauptkritikpunkt ist demnach die vorgesehene Anbindung einer Kontaktstelle beim Landesverfassungsschutz. In allen acht Stellungnahmen von Experten an den Innenausschuss des Landtages werde eine Ablehnung mehr oder weniger deutlich.
Der Berliner Autor und Rechtsextremismusexperte Toralf Staud etwa soll dringend dazu geraten haben, ein solches Aussteigerprogramm nicht bei Polizei, Verfassungsschutz oder Justizbehörden anzusiedeln. Staud befürchte Interessenkonflikte mit Strafverfolgung und geheimdienstlicher Informationsbeschaffung. Auf eine Hemmschwelle von Aussteigewilligen gegenüber staatlichen Einrichtungen, die als Feinde angesehen würden, wies der Politikwissenschaftler und Soziologe Fabian Virchow aus Düsseldorf hin.
Das Programm soll Beratungen, ein Angebot von materiellen Hilfen sowie Aus- und Weiterbildungen und falls erforderlich auch ein Zeugenschutzprojekt umfassen. Bislang existierte in Sachsen-Anhalt keine direkte Beratungsstelle für Neonazis, die sich von der rechten Szene lossagen wollen. Der Versuch einer in den Jahren 2006 bis 2008 geschalteten Telefonhotline wurde laut Zeitungsbericht von weniger als zehn Anrufern genutzt, davon habe niemand zum Ausstieg bewogen werden können.
Der Freistaat Sachsen soll in einer Stellungnahme betont haben, dass bei seinem Aussteigerprogramm bewusst die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen gewählt worden sei. Das sächsische Aussteigerprogramm für Neonazis ist bei einem freien Träger angesiedelt, die Sozialarbeiter dort hätten eine Schweigepflicht.
Eine Sprecherin des sachsen-anhaltinischen Innenministeriums in Magdeburg verteidigte in dem Zeitungsbericht die vorgesehene Ansiedlung der Kontaktstelle beim Verfassungsschutz. Zudem sei eine Überarbeitung des Modells nach ein bis zwei Jahren vorgesehen.
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