Der Bau boomt
Aufträge legten im Juli um 15 Prozent zu / Mietmarkt dadurch nicht entspannt
Die Baubranche kann sich über mangelnde Aufträge zurzeit nicht beklagen. Im Juli 2013 stiegen die Auftragseingänge preisbereinigt im Vergleich zum Vorjahr um 15 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Niedrige Zinsen und eine ausgabefreudige öffentliche Hand waren in diesem Monat die Haupttreiber.
Damit betrug der Gesamtumsatz der Baubranche im Juli 9,6 Milliarden Euro. Trotz des guten Sommermonats musste das Gewerbe aber in den ersten sieben Monaten Einbußen hinnehmen. Grund war der außergewöhnlich lange Winter. So lag der Gesamtumsatz bis dato bei 46,8 Milliarden Euro und war damit um 3,3 Prozent niedriger als zwischen Januar und Juli 2012. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Beschäftigung. Mit 745 000 Angestellten arbeiteten im Hoch- und Tiefbau Ende Juli 11 600 Personen weniger als ein Jahr zuvor.
»Der Aufholprozess hat im Juli endlich Fahrt aufgenommen«, kommentierte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie das gewerbliche Umsatzplus von 4,7 Prozent. Der Verband sieht den Grund für den ausgesprochen guten sieben Monat vor allem bei der öffentlichen Hand. Mit einem Plus von 22 Prozent hat diese im Juli besonders viele Bauvorhaben in Auftrag gegeben. In den ersten sieben Monaten gab es beim öffentlichen Bau im Vergleich zum Vorjahr sogar ein Plus von 53,2 Prozent, so der Verband.
Doch auch der Wohnungsbau legt unverändert stark zu. Der Umsatz stieg im Juli dort um 4,8 Prozent. Die Aufträge legten um 16 Prozent zu. Dies spiegelt sich auch in den Baugenehmigungen wider. Mit der Erlaubnis für rund 11 000 neue Wohngebäude stieg deren Anzahl im ersten Halbjahr 2013 im Vergleich zu 2012 um 10,8 Prozent.
Der Grund für den Bauboom im Wohnungsbereich sind die niedrigen Zinsen in Deutschland auf Grund der Euro-Krise. So gaben bei einer Umfrage des Online-Marktplatzes Immobilienscout24 Anfang dieses Jahres 44 Prozent der befragten Kaufinteressenten an, dass sie in eine Wohnung investieren wollten, weil die Zinsen zurzeit so günstig seien. Mit 81,7 Prozent will die überwiegende Mehrheit für die Eigennutzung kaufen.
In der Tat vergaben die Kreditinstitute nach Angaben der Bundesbank im Juli so viele Wohnungsbaukredite an private Haushalte wie seit über zehn Jahren nicht mehr. So belief sich deren Gesamtvolumen auf 21,4 Milliarden Euro. Der monatliche Durchschnitt beträgt seit Januar 2003 nach nd-Berechnungen indes nur rund 15,2 Milliarden Euro. Dabei waren auch die effektiven Jahreszinsen mit 2,71 beziehungsweise 2,78 Prozent im Juni und Juli 2013 so niedrig wie das gesamte Jahrzehnt zuvor noch nicht.
An der extrem angespannten Mietsituation in vielen deutschen Wohnstädten ändert dieser Bauboom aber nur wenig. »Investoren bauen nicht billig neu«, erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB). So sei der Neubau immer die teuerste Variante. Ropertz ist sich deswegen sicher: »Günstige und bezahlbare Mieten kann man nur im sozialen Wohnungsbau erreichen.«
Doch da geht der Bestand immer mehr zurück. Allein 2011 gingen rund 57 000 Sozialwohnungen verloren. Ihre Anzahl schrumpfte zwischen 2002 und 2011 um ein Drittel auf rund 1,6 Millionen Wohnungen. Der DMB schätzt deswegen, dass künftig rund 60 000 neue Sozialwohnungen pro Jahr entstehen müssten, um dauerhaft bezahlbare Mieten garantieren zu können. Insgesamt beziffert der DMB den Neuwohnungsbedarf auf jährlich 140 000.
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