FIFA vergrault den Ethiker
Alexander Ludewig über Ignoranz und Reformunwillen beim Fußballweltverband
In Zürich kommt am Donnerstag und Freitag das Exekutivkomitee des Fußballweltverbandes FIFA zu einer turnusmäßigen Sitzung zusammen. Die WM 2022 steht auch auf der Tagesordnung, leider nur unter dem Punkt »Administrative Fragen und Finanzen«. Es geht um den Zeitpunkt des Turniers in Katar - und damit um die Verschiebung des gesamten Sportkalenders, den Konflikt mit den europäischen Spitzenklubs, Machtkämpfe und natürlich viel Geld.
Die Nachricht, dass im Sommer innerhalb eines Monats 44 nepalesische Arbeiter auf den WM-Baustellen in Katar gestorben sind, wie der »Guardian« vergangene Woche berichtet hatte, kam zu spät, um in den Ablaufplan zu kommen. Man werde es aber noch auf die Agenda setzen, so das vage Versprechen. Was davon zu halten ist? Wenig bis gar nichts. Im Mai 2012 veröffentlichte Nepals Botschaft in Doha über 130 Todesfälle nepalesischer Arbeiter in Katar, internationale Gewerkschaftsvereinigungen berichteten dem Weltverband von den unwürdigen Arbeitsbedingungen im Emirat. Die FIFA ignoriert es bis heute.
Wer noch immer an das Gute im Weltverband glaubt, muss jetzt ganz tapfer sein. Mark Pieth, anerkannter Korruptionsexperte aus der Schweiz, wird nur noch bis Ende des Jahres der FIFA-Kommission »Good Governance« vorstehen. Nach zwei Jahren hat er genug. Vielleicht fürchtet er auch um seinen guten Ruf. Mit dem hat sich der Weltverband geschmückt, mehr nicht. Die FIFA hat nur einige seiner Vorschläge zur Korruptionsbekämpfung umgesetzt, und das auch nur formell. Zwar gibt es jetzt eine Ethikkommission, ermittelt wird aber nur intern. Und Chefermittler Michael J. Garcia eilt ein eher zweifelhafter Ruf voraus. Der Amerikaner war beileibe kein Wunschkandidat von Pieth.
Pieth ist an Grenzen gestoßen: »Wenn die FIFA nicht weiter will, muss sie nicht. Wir können sie nicht zwingen.« Wer könnte das? Beispielsweise die Schweiz, wo sie ihren steuerfreien Sitz hat. Für den Schweizer Pieth ist sein Land »ein sicherer Hort für schwarze Konten, Diktatorengeld und dubiose Geschäfte«. Alexander Ludewig
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