Grünstrom soll an die Börse gehen

Künftig sollen die festen Einspeisevergütungen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen nur noch für bestimmte Mengen gelten

  • Susanne Ehlerding
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen legt eine elegante Lösung für den Ausbau der erneuerbaren Energien vor. Grüne fordern bessere Klimaschutzziele in Europa.

Vor der Wahl war die Energiewende das am meisten vernachlässigte Reformprojekt der Bundesregierung. Nun ist die Zeit für die Neuordnung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gekommen und die Vorschläge purzeln nur so herein in die politische Debatte. Gestern meldeten sich die Grünen und der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) zu Wort.

Einig sind sich alle Experten, dass mehr Markt beim Ausbau der Erneuerbaren wünschenswert ist. Nur wie viel? Für einen »schrittweisen, behutsamen Wandel« spricht sich der SRU aus, das offizielle Beratungsgremium der Bundesregierung in Umweltfragen. Nach seinem eleganten Vorschlag soll die jetzige Einspeisevergütung durch eine gleitende Marktprämie ersetzt werden, die nicht auf 20 Jahre, sondern für eine bestimmte Menge Kilowattstunden gelten soll. Gleichzeitig soll aller Strom aus neuen Anlagen verpflichtend an der Börse verkauft werden.

Nach heutiger Förderpraxis würde man etwa eine Photovoltaikanlage immer nach Süden ausrichten, weil sie so am meisten Strom erzeugt. Der fällt dann vor allem mittags an, wenn der Börsenstrompreis niedrig ist. Nach dem Modell des SRU gäbe es künftig einen Anreiz, PV-Anlagen nach Osten oder Westen auszurichten. Dann würde der Strom morgens oder abends anfallen, wenn man ihn teurer verkaufen kann. Die neue Regel würde also für eine gleichmäßigere Erzeugung über den Tag verteilt sorgen. Zwar gibt es auch heute schon eine Marktprämie, die ähnliches bewirkt. Die Teilnahme ist aber freiwillig.

Der SRU geht davon aus, dass sich Wind- und PV-Anlagen noch nicht allein aus dem Verkauf des Stroms an der Börse refinanzieren können. Zusätzlich sollen sie deshalb die Differenz zu einer gleich großen und zur gleichen Zeit gebauten, aber nach Süden ausgerichteten Referenzanlage ersetzt bekommen. So würde jeweils der nach Stand der Technik günstigste Preis die Höhe der Vergütung bestimmen.

Die Berechnungen zur Höhe der Förderung möchte der SRU in die Hände von Bundesbehörden wie dem Umweltbundesamt oder der Bundesnetzagentur legen, weil diese weniger anfällig für Beeinflussungen durch Lobbyisten seien als die Politik. Auch die Menge der geförderten Kilowattstunden sollten Behörden berechnen. Das Mengenmodell hätte laut SRU den Vorteil, dass Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien den günstigsten Verkaufszeitpunkt an der Börse abwarten können.

Langfristig sei das Ziel, den Markt an die Erneuerbaren anzupassen und nicht die Erneuerbaren an den Markt, sagte der Vorsitzende des SRU, Martin Faulstich. Schließlich sollen sie in nicht allzu ferner Zukunft der Markt selbst sein und den Energiebedarf in Deutschland komplett decken. Bis dahin brauche man aber noch Gaskraftwerke mit niedrigem CO2-Ausstoß. Um sie im Vergleich zu abgeschriebenen Kohlekraftwerken wieder rentabel zu machen, sollte sich die Bundesregierung in Europa für ambitionierte Klimaziele stark machen, fordert der SRU. Dann würden die Preise für Verschmutzungsrechte steigen und die Gaskraftwerke marktfähiger werden.

In diese Richtung gehen auch die Vorschläge der Grünen, wie sie die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Bärbel Höhn und der Sprecher für Energiewirtschaft, Oliver Krischer, vorstellten. Auch sie richten den Blick nach Europa, von wo ein Beihilfeverfahren wegen der vielen Ausnahmen im EEG für die Industrie drohe. Die Grünen machen sich wie der SRU für eine verpflichtende Direktvermarktung stark.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und der Verband der Stadtwerke VKU hatten sich demgegenüber für ein Quotenmodell ausgesprochen. Grundgedanke ist, dass Ausbauziele für Erneuerbare festgelegt und entsprechende Kapazitäten dann bei Auktionen versteigert werden. Die Grünen kritisieren das als zu bürokratisch und als das Ende des dezentralen Ausbaus der Erneuerbaren.

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