Werbung

Rechtsextreme im Hoffnungshoch

FN profitierte bei Kantonalwahl in Südfrankreich von Enttäuschung über Linksregierung

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Sieg der rechtsextremen Front National bei einer Kantonalwahl im Süden Frankreichs hat im Regierungslager von Präsident François Hollande Beunruhigung ausgelöst.

Der Sieg des FN-Kandidaten bei einer Teilwahl im südfranzösischen Brignoles wiegt schwerer als der Sitz eines Mitglieds des Generalrats des Departements Var, um den es hier eigentlich nur ging. Dass der FN-Kandidat Laurent Lopez im zweiten Wahlgang 53,9 Prozent bekam, obwohl sowohl die Rechtspartei UMP als auch Sozialisten und Kommunisten aufgerufen hatten, eine »republikanische Front« zu bilden und alle Stimmen auf die einzig verbliebene Gegenkandidatin Catherine Delzers von der UMP zu vereinen, ist natürlich besorgniserregend. Aber mindestens ebenso bedenklich ist, dass der Kandidat der Sozialistischen Partei schon im ersten Wahlgang ausscheiden musste und dass 67,7 Prozent der Wähler den Urnen fernblieben.

Nicht nur im Süden, sondern im ganzen Land ist die Politikverdrossenheit und die Frustration über Nicolas Sarkozy, der so viele Hoffnungen für einen Wandel in der Politik enttäuscht hat, fast nahtlos übergegangen in Enttäuschung über die nicht eingehaltenen Wahlversprechen seines Nachfolgers François Hollande.

»Das Votum von Brignoles ist Ausdruck der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit vieler Franzosen«, schätzt die PS-Politikerin Ségolène Royal ein. »Noch rufen unsere Wähler nicht ›Verschwindet‹, aber sie bleiben am Wegesrand, ohne die Hand für uns zu rühren«, meint Christophe Borgel, der für die Wahlen zuständige Nationalsekretär der SP. »Zwar steht uns weder ein faschistischer Winter noch eine landesweite Springflut zugunsten von Vater und Tochter Le Pen und ihrer Anhängerschaft bevor, aber dass die Sozialisten alle Teilwahlen seit der Wahl ihres Präsidenten Hollande verloren haben, sollte zu denken geben«, heißt es in einem Kommentar der Zeitung »Libération«. Weiter: »Dies ist umso dringender geboten, als die moralische Fassade der Rechten, die früher jeden Kompromiss mit den Rechtsextremen von sich gewiesen hat, mit der Krise und den eigenen Wahlniederlagen bröckelt und zusammenzubrechen droht.«

Darauf setzen die FN-Politiker, und während sie an der Basis die Bildung lokaler Bündnisse mit UMP-Ortsgruppen vorantreiben, bereiten sie auf nationaler Ebene eine Annäherung an die rechte Sammlungspartei vor, indem sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit jedem mit Anzeige und Prozess drohen, der sie als »rechtsextrem« bezeichnet. Sie seien »Demokraten und national gesinnte Patrioten«, versichert die Parteivorsitzende Marine Le Pen in den Medien und versucht, die bis zum Vichy-Regime zurückreichenden ideologischen Wurzeln der Partei und die neonazistischen Ausfälle ihres Vater, des FN-Parteigründers und »Ehrenpräsidenten« Jean-Marie Le Pen, vergessen zu machen.

So, wie der gerade erst bei der Wahl zum Generalratsmitglied erfolgreiche Laurent Lopez heute schon gegenüber den Medien von seiner Wahl zum Bürgermeister von Brignolles schwadroniert, so rechnet sich seine Partei bereits beste Chancen für die Kommunalwahlen im März und die Europawahlen im Juni 2014 aus.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -