Entschädigung auch bei höherer Gewalt
Rechte der Bahnkunden nach EuGH-Urteil bei Zugverspätungen
Damit wurde die Klage der österreichischen Eisenbahngesellschaft ÖBB zurückgewiesen. Die ÖBB hatte eine Entschädigung bei höherer Gewalt ausgeschlossen, also bei Umständen, auf die das Unternehmen keinen Einfluss hat. Dabei hatte die ÖBB sich auf Regelungen im internationalen Recht berufen. Diese seien nicht anwendbar, so der EuGH.
Welche Rechte haben Bahnreisende generell?
Ab einer Stunde Verspätung steht Kunden Geld zu. Dann muss das Bahnunternehmen mindestens ein Viertel des Fahrpreises zurückerstatten. Bei einer Verzögerung von zwei Stunden oder mehr wird eine Entschädigung von mindestens der Hälfte des Preises fällig. So sieht es ein EU-Gesetz vor. Wenn die Fahrt für den Kunden »sinnlos« geworden ist, kann er unter Umständen auch eine volle Erstattung des Fahrpreises verlangen. Für den öffentlichen Nahverkehr, Fernbusse, Flüge und Schiffsreisen gelten andere Regeln.
Was ändert sich durch das aktuelle Urteil für Bahnreisende in Deutschland?
Die Luxemburger Entscheidung gilt auch für die Deutsche Bahn und die anderen Betreiber von Zugverkehr in Deutschland. Also haben Bahnkunden künftig einen klaren Rechtsanspruch darauf, bei Verspätungen als Folge höherer Gewalt eine Entschädigung zu bekommen. Doch schon bisher seien die Bahnunternehmen »sehr kulant gewesen«, sagt der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), Heinz Klewe.
Was versteht man unter höherer Gewalt?
Als höhere Gewalt werden alle Umstände außerhalb des Eisenbahnbetriebs verstanden, die das Unternehmen nicht vermeiden kann. Dazu gehören nach Angaben der Bahn zum Beispiel Unwetter, Streckensperrungen nach Selbsttötungen und Streiks.
Wie kommen die Kunden an ihr Geld?
Die Deutsche Bahn hat im Jahr 2009 zusammen mit den meisten konkurrierenden Bahnbetreibern ein einheitliches Antragsformular für die Erstattung eingeführt. Es wird von einem zentralen Servicezentrum bearbeitet. Im Formular muss der geplante und der tatsächliche Reiseverlauf angegeben werden, die Art der Fahrkarte und die gewünschte Form der Entschädigung.
In Streitfällen kann man die Schlichtungsstelle SÖP einschalten. Deren Chef Heinz Klewe sagt: »In der Vergangenheit konnten wir weit mehr als 80 Prozent der Beschwerdefälle von Bahnkunden schlichten.« 2012 wurden 2112 Schlichtungsanträge gestellt, in diesem Jahr dürften es etwa 2900 sein.
Wie oft kommt die Bahn eigentlich zu spät?
Die Deutsche Bahn veröffentlicht monatlich den Anteil verspäteter Züge. Im Fernverkehr schwankte die Pünktlichkeitsquote in diesem Jahr zwischen 65,1 Prozent im Hochwassermonat Juni und 81,0 Prozent im Februar. Im Regionalverkehr inklusive S-Bahnen kamen 93,5 bis 96,3 Prozent der Züge pünktlich. Jeder Zug, der weniger als sechs Minuten Verspätung hat, gilt noch als pünktlich. AFP/nd
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