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Hohe Erwartungen, günstige Prognosen

Die künftige Regierungskoalition findet laut Voraussagen gute Bedingungen für eine soziale Politik vor, sie muss sie nur noch nutzen

  • Lesedauer: 3 Min.
In der Politik kommt derzeit fast jede Meldung als Fingerzeig auf die offene Koalitionsfrage in Berlin an. Manche Meldung ist auch genauso gemeint. Andere werden in dieser Richtung gedeutet.

Berlin. Deutliche Erwartungen an eine künftige Bundesregierung, welcher Couleur auch immer, formulierte der Rat für Migration e.V. Der bundesweite Zusammenschluss von Wissenschaftlern tritt in einem Appell für eine »institutionelle Reform der Integrations- und Migrationspolitik« ein. Dies seien »Schlüsselthemen von Gegenwart und Zukunft, die fast alle Politikbereiche durchdringen«. Nötig seien »umfassende und langfristig ausgerichtete gesellschaftspolitische Gestaltungsperspektiven«, die sich in einer »zukunftsweisenden und transparent koordinierten Migrationspolitik« niederschlagen müssten. Dafür, so der Aufruf, der inzwischen von über 5600 Menschen unterzeichnet wurde, müsse die »expandierende und zunehmend handlungslähmende Vielfalt von konkurrierenden Kompetenzen« überwunden werden. Dieses »Kompetenz-Wirrwarr« reiche sogar so weit, dass es bis heute »nicht einmal gelungen« sei, »einen geschlossenen Migrations- und Integrationsbericht vorzulegen und kontinuierlich fortzuschreiben«.

Die Initiatoren, darunter Migrationsexperten wie Werner Schiffauer, Klaus J. Bade, Naika Foroutan und Yasemin Karakaşoğlu, fordern ein »Querschnitts-Ministerium«, das federführend für Migration und Integration zuständig sein soll und dieses Feld »mit der Arbeits- und Sozialpolitik verknüpft«. Vorgeschlagen wird »ein aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales hervorgehendes Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Migration und Integration«, an das künftig auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angebunden werden solle. Das Amt der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung solle »in Kompetenz und Ausstattung gestärkt werden«. Unterstützt wird der Appell auch vom früheren CDU-Innenminister Heiner Geißler, vom SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz sowie dem Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer und Heiko Kauffmann von Pro Asyl.

Aufschwung verspricht gute Einnahmen

Der Wirtschaftsaufschwung und wachsende Überschüsse in den Staatskassen eröffnen Union und SPD laut Herbstgutachten der führenden Wirtschaftsinstitute erhebliche finanzielle Spielräume. Bis 2018 könnten Bund und Länder bis zu 33 Milliarden Euro etwa zum Schuldenabbau, für ein gerechteres Steuersystem und Investitionen in Straßen, Bildung und Forschung verwenden. »Dieser Betrag steckt den Spielraum ab, innerhalb dessen die Finanzpolitik agieren kann, ohne die Steuern zu erhöhen«, erklärten die Wirtschaftsgelehrten in ihrem am Donnerstag in Berlin vorgelegten Gutachten.

Für das laufende Jahr halbierten die Ökonomen zwar ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum von 0,8 auf 0,4 Prozent. Das liege am Konjunktureinbruch im vergangenen Winterhalbjahr, der trotz des starken zweiten Quartals nicht mehr vollständig aufgeholt werden könne. Im nächsten Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aber kräftig um 1,8 Prozent zulegen.

Von einem gesetzlichen Mindestlohn und einem höheren Spitzensteuersatz halten die Ökonomen nichts. Trotz der guten Jahre für die deutsche Wirtschaft, die sie voraussagen. Diese befinde sich am Beginn eines kräftigen Aufschwungs, der mit Wachstumsraten von um die zwei Prozent lange anhalten könne.

IWF: Steuererhöhung, warum nicht?

Offenbar sieht der Internationale Währungsfonds (IWF) in Deutschland hingegen Raum für höhere Steuern, insbesondere bei Besserverdienern. »In vielen entwickelten Nationen scheint es Spielräume zu geben, mehr Einnahmen an der Spitze der Einkommensverteilung zu erzielen, falls dies erwünscht ist«, schreibt der Fonds in einer aktuellen Studie, über die die »Zeit« berichtete. Deutschland sei dem IWF zufolge eines der wenigen Länder in Europa, das sein Potenzial bei den Staatseinnahmen nicht ausnutze. Insbesondere bei Mehrwertsteuer und Einkommenssteuer belasteten andere Nationen ihre Bürger stärker. Zögen die Deutschen mit ihren Partnern gleich, stiege das Aufkommen aus Steuern und Abgaben um 3,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Dies entspräche derzeit rund 80 Milliarden Euro im Jahr - deutlich mehr, als SPD und Grünen im Wahlkampf gefordert hatten. Eine Vermögensteuer von einem Prozent, erhoben auf die 10 Prozent größten Vermögen, würde laut IWF etwa ein Prozent der Wirtschaftsleistung an Steuereinnahmen pro Jahr erbringen - etwa 25 Milliarden Euro. Agenturen/nd

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