Eugenik statt Aufklärung
Wie muss sich ein Kind fühlen, das von bewaffneten Uniformierten jenen Menschen entrissen wird, die ihm den größten Teil seines Lebens die Eltern waren? Wie müssen sich Hunderttausende europäische Roma fühlen, wenn allein blonde Haare und blaue Augen genügen, um ihnen das Kind zu nehmen? Die Berichterstattung um die vierjährige Maria und ihre mutmaßlichen Adoptiveltern zeigt einmal mehr, warum sich Roma keine Hoffnung zu machen brauchen, ihren Status als Europas meist verfolgte Minderheit loszuwerden.
Auch das »nd« schloss sich der Berichterstattung über das »mutmaßlich entführte Mädchen« an. Von Kinderschieberringen war anderswo die Rede. Roma-Banden, die Jagd auf hellhäutige Kinder machten. Maria sei zum Betteln trainiert, zum Tanzen gezwungen worden. Nichts scheint sich zu bewahrheiten. Mehr noch: Medien versuchten nicht einmal, Mutmaßungen mit Fakten zu begleiten.
Diese Bereitschaft zum Verzicht ist es, was den Fall zu mehr macht als einer zufälligen Zurschaustellung von wehrlosen Menschen. Sie reflektiert jene Irrationalität, die Rassismus für Täter so bequem und für Opfer so vernichtend macht: Um sich als Roma verdächtig zu machen, reicht allein seine Existenz - mit oder ohne blondem und blauäugigem Kind.
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