Affären in Thüringen: Ramelow fordert Neuwahlen
Erneut Ex-Politiker unter Betrugsverdacht / Chef der Linksfraktion verweist auf »höchste staatsanwaltschaftliche Ermittlungsdichte« in Sachen Regierung
Berlin. Die Thüringer Linkspartei hat vor dem Hintergrund der Affären um die Entlohnung von früheren oder noch aktiven Ministern und Staatssekretären Neuwahlen im Freistaat gefordert. Der Chef der Linksfraktion im Landtag, Bodo Ramelow, sagte der »Mitteldeutschen Zeitung«, es gebe »die höchste staatsanwaltschaftliche Ermittlungsdichte in ganz Deutschland in Bezug auf eine Landesregierung«. Auf diesen Rekord könne »man nicht stolz sein«. Nach Meinung von Ramelow ist die Landesregierung »fertig. Die Ministerpräsidentin sollte den Weg zu Neuwahlen frei machen.«
Bei der jüngsten Umfrage zu den politischen Mehrheitsverhältnissen in Thüringen hatte die Linkspartei 20 Prozent erreicht, sieben Punkte weniger als bei den Landtagswahlen von 2009. Die CDU steht trotz der Affären bei 43 Prozent, die mitregierende SPD kommt auf 20 Prozent, die Grünen wurden in dieser Umfrage im August mit sieben Prozent bewertet,
Kritisch über die Versorgung von Regierungsmitgliedern äußerte sich auch der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Thomas Kemmerich. Er sehe inzwischen »einen Webfehler des Systems«. Es könne nicht sein, dass Politiker mit 35 oder 40 Jahren aufhörten und zu Versorgungsfällen würden, so Kemmerich.
Zuvor war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Erfurt gegen den einstigen Staatskanzleiminister Jürgen Schöning (parteilos) wegen Betrugsverdachts ermittelt. Medienberichten zufolge geht es um Ruhestandsbezüge, die Schönig zusätzlich zu seinem Ministergehalt bezogen hatte. Laut Ministergesetz hätten die Einkünfte miteinander verrechnet werden müssen. Insgesamt gehe es um 92.000 Euro. Der Freistaat hatte 2012 zu viel gezahltes Geld von dem Ex-Politiker zurückgefordert, Schöning hatte dagegen jedoch Widerspruch eingelegt. Worauf sich der Anfangsverdacht des Betrugs gründet, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit.
Neben Schöning stehen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, der neue Staatskanzleichef Jürgen Gnauck (beide CDU) und Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) aufgrund versorgungsrechtlicher Fragen in juristischen Auseinandersetzungen. Agenturen/nd
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