Frankreich bekommt eine schlechte Note
Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) geht hart mit Frankreich ins Gericht. Fast zwei Jahre, nachdem die zweitgrößte Volkswirtschaft Europas ihre Bestnote AAA verloren hat, stuft die amerikanische Agentur das Land erneut herunter. »Es ist wenig wahrscheinlich, dass die Haushalts- und Strukturreformen der Regierung die Wachstumsperspektiven mittelfristig grundlegend verbessern«, schreibt S&P in seiner Begründung. Im Klartext heißt das: die Reformen der sozialistischen Regierung reichen nicht aus. Mangelhaft also für den Schüler Frankreich, der statt mit AA+ nur noch mit AA bewertet wird.
S&P bringt auf den Punkt, was auch andere sehen. Beispielsweise die EU-Kommission in ihrem Herbstgutachten: Das Wachstum in Frankreich bleibt schwach, die Arbeitslosigkeit hoch und das Haushaltsdefizit wird auch 2015 nicht unter die Drei-Prozent-Grenze sinken. 11,3 Prozent Arbeitslosigkeit sagt die EU für 2015 voraus. »Das Risiko besteht, dass die Arbeitslosigkeit bis 2016 über zehn Prozent liegen wird«, warnen auch die S&P-Experten.
Eine Ohrfeige für den sozialistischen Präsidenten François Hollande, der den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu seiner Hauptaufgabe gemacht hat. Bis zum Jahresende will der Staatschef den Trend zu immer mehr Arbeitslosen umkehren. Vor ziemlich genau einem Jahr legte die Regierung deshalb einen Pakt auf, der die Wettbewerbsfähigkeit verbessern soll und Steuererleichterungen über insgesamt 20 Milliarden Euro für Unternehmen vorsieht. 30 000 Arbeitsplätze sollen dadurch in diesem Jahr entstehen. Allerdings machen täglich neue Nachrichten von Stellenstreichungen die Runde
Paris hält gegen alle schlechten Nachrichten an ihrer Zuversicht fest, dass es mit Frankreich bergauf geht. Die Herabstufung durch die Experten von S&P hält sie für ungerechtfertigt. »Ich bedauere einzelne Beurteilungen, die ich als kritisch und ungenau ansehe«, sagt beispielsweise Finanzminister Pierre Moscovici. »Ich fordere Vertrauen in die Fähigkeit Frankreichs, sich wieder aufzurichten«, ergänzt der Sozialist im Radiosender France Info. Immerhin habe seine Regierung einen »Himalaya an Schulden« von den konservativen Vorgängern geerbt, den sie nun abtragen müsse. Dabei begeben sich die Sozialisten allerdings auf eine riskante Gratwanderung, denn die Haushaltssanierung darf das schwache Wachstum nicht kaputtmachen. Für den Schuldenabbau bleibe nur »wenig Spielraum«, befindet auch S&P.
Unterstützung bekam Paris von der Bundesregierung: Frankreich stehe zusammen mit Deutschland für das Konzept einer »wachstumsfreundlichen Haushaltskonsolidierung«, hieß es in Berlin über den wichtigsten Handelspartner. Und auch S&P sieht nicht alles schwarz: beim Ausblick für Frankreich lautet die Einschätzung »stabil«. Und auch die Finanzmärkte nahmen die Herabstufung gelassen auf: Die Risikoaufschläge für zehnjährige Staatsanleihen des Landes stiegen nur leicht auf 2,38 Prozent an. Das waren 0,03 Prozentpunkte mehr als am Donnerstag.
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