Auf sozialistischer Goldsuche in der Mongolei
Ein neuer Bildband dokumentiert die Expedition von DDR-Geologen in das ostasiatische Land
Der Bericht des Arztes Eberhard Günther gehört zu den spannendsten Kapiteln der jetzt vorgelegten Chronik, die ein wenig bekanntes Kapitel ostdeutscher Entwicklungshilfe beleuchtet: Ab 1965 richtete die DDR Erkundungsreisen in die Mongolei aus, bei denen Geologen und Bergleute nach Gold und anderen Edelmetallen suchten. Zwar ist das Land reich an Bodenschätzen, verfügte aber damals nicht über die technischen und fachlichen Möglichkeiten, diese zu erkunden und abzubauen.
Harter Forscheralltag voller Abenteuer
Mitarbeiter des Betriebes Geologische Forschung und Erkundung Halle machten sich auf die Suche, um gemeinsam mit Fachleuten der Betriebe für Geophysik und für Erzprojektierung Leipzig sowie mit Nordhäuser Schachtbauern zu kartieren, zu sondieren oder Erkundungsschächte zu teufen. 25 Geologen, Markscheider und andere Bergbauexperten haben alte Aufzeichnungen und Dokumente sondiert, Fachberichte zur Geologie der Mongolei, zu Felderkundungen in der Steppe und über die Analyse von Gesteinsproben angefertigt.
In der 336 Seiten starken, aufwendig gestalteten Chronik haben sie ihre Erfahrungen und Erlebnisse zusammengetragen. Im Mittelpunkt des reich bebilderten und gut lesbaren Bandes stehen Erzählungen, die ein Bild von dem mitunter abenteuerlichen Leben der Forscher zeichnen - ihre harte Arbeit unter ungewöhnlichen Bedingungen, die damals reichlich Improvisationstalent erforderten.
Bei den Arbeiten, denen Vereinbarungen im Rat Gegenseitiger Wirtschaftshilfe (RGW) zugrunde lagen, handelte es sich auch um Entwicklungshilfe zum Nutzen der DDR-Wirtschaft, sagt Joachim Stübner, organisatorischer Leiter einer Expedition und Chronik-Mitherausgeber. Bei späterer gemeinsamer Ausbeutung der Lagerstätten hoffte man auf bessere Versorgung mit Rohstoffen. Die größte erkundete Lagerstätte in Boroo enthielt immerhin 40 Tonnen Gold.
Zahlreiche Fotografien in dem Band illustrieren die freundschaftliche Kooperation mit mongolischen Fachleuten und Institutionen, aber auch Lagerromantik und Lebensbedingungen der Forscher. Teilweise erinnern die Bilder an Verfilmungen von Jack-London-Romanen. Ein landeskundlicher Abriss enthält wertvolle Zusatzinformationen etwa über Münzen und Briefmarken des Landes.
Die Früchte haben andere erst später geerntet
Den Band zeichnen daneben spannende Berichte über andere Bereiche der Unterstützung und Zusammenarbeit der beiden sozialistischen Staaten aus. So bildete die DDR nicht nur rund 20 000 mongolische Fachleute aus; sie hat auch geografische und biologische Expeditionen durchgeführt, ein Fleischkombinat und eine Teppichfabrik gebaut, das Staatsgut »Ernst Thälmann« errichtet und wesentlich zur Tierseuchenbekämpfung beigetragen.
Die Früchte der Arbeit ihrer Fachkräfte konnte die DDR allerdings nicht mehr ernten: Bis 1990 investierte sie rund 183 Millionen Mark in geologische Untersuchungen und verzichtete auf einen Großteil der Rückzahlungen. Die kommerzielle Nutzung scheiterte zunächst an der schwierigen Arbeitskräftesituation und ungeklärten Finanzierungsfragen, dann kam das Ende der DDR.
Heute beutet die kanadische Firma Centerra die Lagerstätte in Boroo aus. Bis 2009 will sie dort rund 33 Tonnen Gold abbauen. Die Mongolei rangiert zwar auf einem Platz hinter den Top-20 der Goldförderländer, Rohstoffexporte bilden aber eine Hauptsäule der Wirtschaft. Die Regierung erklärte unlängst stolz, dass bereits 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Bergbau erwirtschaftet werden, wofür im Wesentlichen stark gestiegene Gold- und Kupferpreise verantwortlich seien. Textilien und tierische Erzeugnisse zählen zu den wenigen Exportgütern. Landwirtschaft, Viehzucht und zunehmend Bergbau bilden Grundlagen der Wirtschaft im Land.
Vom Staatsgut »Ernst Thälmann« sehen deutsche Touristen freilich nur noch wenig. Die Hallen des einstigen landwirtschaftlichen Musterbetriebes dienen heute der »Baustoffgewinnung«.
»Auf Goldsuche in der Mongolei. Die Geologenexpedition der DDR in der MVR«, 35 Euro; zu beziehen über: Joachim Stübner, Burkersdorfer Weg 12, 01189 Dresden
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