Korruption in Köln - bei Lachsbrötchen und Sekt
Prozess »Bürgerfreundlich« gegen Bares - Staatsanwälte ermitteln weiter
Von Jochen Bülow
Im vergangenen Jahr sorgte ein Korruptionsskandal in der Kölner Stadtverwaltung für Schlagzeilen. Seit Wochenbeginn verhandelt das Kölner Landgericht gegen den ersten Angeklagten, den Inhaber eines Kölner Eisenwarenhandels und Schlossereiunternehmens.
Bestechung und gemeinschaftlicher Betrug in besonders schweren Fällen lauten die Vorwürfe, die der Firmeninhaber bereits während der Untersuchungshaft teilweise gestanden hatte. Im Nachhinein kaum zu glauben, wie simpel und offensichtlich die Masche ablief: Mehrere Unternehmer luden Mitar beiter verschiedener Kölner Ämter zu so genannten Unternehmerfrühstücken: Bei Lachsbrötchen und Sekt wurde ausgemacht, wer bei welchem Vorhaben wie viel kassieren durfte - in der Regel waren die später von der Stadt bezahlten Rechnungen etwa um ein Drittel überhöht. Die Gegenleistungen der Unternehmer konnten sich sehen lassen: Da gab es monatliche Festzahlungen über 500 Mark, jährliche Einmalzahlungen über 6000 Mark, kostenlose Urlaubsreisen, kostenloses Tanken an Firmenzapfsäulen, kostenlose Heizöllieferungen, Fernseher, Computer, Kühlschränke und Autoreifen. Dank der Verjährung vieler Tatbestände können nur Teilbereiche angeklagt werden. Obwohl in einem Fall mehr als 50 000 Mark Schmiergeld bezahlt wurden, beziffert die Staatsanwaltschaft den der Stadt entstandenen Schaden auf nur etwa 43 000 Mark - alles andere fiel der Gnade der späten Entdeckung anheim.
Ein Einzelfall, mag man denken. Doch dass es gerade in den korruptionsanfälligen Bereichen Hoch- und Tiefbau eine or ganisierte Kriminalität gegeben haben muss, wird schon daran deutlich, dass in naher Zukunft eine Reihe weiterer Prozesse eröffnet werden wird. Sogar ein Amtsleiter wird verdächtigt, gegen Bares besonders »bürgerfreundlich« gewesen zu sein. Nun ist Korruption an sich nichts speziell Kölsches. Auch in anderen Städten legten Ermittler Korruptionssümpfe trocken. Bemerkenswert ist aber, dass die Stadtverwaltung trotz klarer Aufträge und Beschlüsse des Stadtrates - auf vor beugende Schritte verzichtete oder sie nach Kräften verzögerte: So sollten in besonders gefährdeten Bereichen eingesetzte Mitarbeiter möglichst häufig ver setzt werden, um allzu enge persönliche Kontakte zwischen Leistungsanbietern und Stadtverwaltung erst gar nicht entstehen zu lassen. Solche Versetzungen unterblieben oft - und in einem Fall hat man offenbar sogar den Bock zum Gärtner gemacht: Nach Bekanntwerden der ersten Korruptionsfälle wurde ein städtischer Architekt mit der Kontrolle der Auftragsvergabe betraut. Just dieser Architekt wird in der Anklageschrift als Zahlungsempfänger genannt.
Unverständnis rief auch der wenig professionelle Umgang der Stadtverwaltung mit der Korruption verdächtigten Mitar beitern hervor- Kündigungen oder Versetzungen erfolgten verspätet, unentschlossen und mindestens einmal in juristisch unwirksamer Weise - der Mitarbeiter klagte sich über das Arbeitsgericht in seine Stellung zurück. Wie viele Beschuldigte tatsächlich mit einem Strafverfahren rechnen müssen, steht derzeit in den Sternen. Noch dauern die Ermittlungen der Staatsanwälte an.
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