- Politik
- E. Field Horine erzählt seine spannende Lebensgeschichte
Ein Amerikaner, der die deutsche Sprache mochte
Es fiel bestimmt manchen auf, dass «Neues Deutschland» öfter Leser briefe von dem US-Amerikaner E. Field Horine erhält. Neugierige können nun erfahren, warum dieser ungewöhnliche Mann in deutschem Exil lebt. Geboren 1915 in Kentucky, stellte er als Oberschüler fest, dass er die deutsche Sprache gern lernte (!, V.G.), und bekam daraufhin ein Stipendium an die Universität Heidelberg. In dem einen Jahr, 1935, lernte er Deutschland lieben - aber den Faschismus hassen. Auch eine bestimmte Deutsche lernte er lieben, doch ging diese leidenschaftliche Verbindung - wie etliche in seinem langen Leben, mitsam drei Ehen - in die Brüche. Davon erzählt er tapfer auch. Seine Sprachfähigkeit brachte ihm Arbeit bei NBC, unter anderem übersetzte er Hitlers Reden und ab 1939 bei CBS als Redakteur für Kurzwellensendungen nach Nazideutschland. Sofort nach Kriegsende wurde er Intendant von Radio München, damals Organ der USA-Besatzung (und später Bayrischer Rundfunk) zu einer Zeit, als der Sender gegen die Versuche der Altnazis kämpfte, wieder in die Führung in Westdeutschland zurückzuschleichen, und deshalb als «Brutstätte des Kommunismus» bezeichnet wurde. Da die USA- Regierung die Westzonen für ihre Vor wärtsstrategie im Kalten Krieg benutzen wollte und dazu alte Nazis brauchte, kam es zu einem Eklat. Horine und zwei seiner Kollegen traten im März 1947 von ihren Ämtern zurück. Ihr Protest erreichte die Schlagzeilen, leider nicht viel mehr.
Für kurze Zeit musste Horine Enzyklopädien an naive Kunden verkaufen; wovon er einen Dauerhass auf kommerzielle Gier und Rücksichtslosigkeit bekam. Dann erhielt er eine hohe Position bei der Presseabteilung der jungen Weltgesundheitsorganisation, erst in Genf, dann als Presseleiter in Südasien. Die Berichte von Reisen nach Asien und in die Länder Afrikas fand ich besonders interessant. Er besuchte Haiti, Mexiko und das revolutionären Kuba, das ihn besonders beeindruck te. In diesen und anderen Zusammenhängen macht er deutlich, dass er kein Kommunist sei, aber interessiert, aufgeschlossen und bemüht, ehrlich zu beobachten und zu berichten.
Immer schon hatte er sich für Psychologie und Philosophie interessiert. Das brachte ihn dazu, mit 52 Jahren ein vier jähriges Studium der Psychotherapie am Carl-Gustav-Jung-Institut in Zürich zu absolvieren. Bis 1987 war er am Bodensee Therapeut. Das Engagement hielt ihn nicht davon zurück, aktiv an der Friedensbewegung teilzunehmen, angeregt durch eine Freundschaft mit Ex-General Horst Bastian. Manche Leser mögen sich, mehr als ich, für seine längeren philosophischen und psychiatrischen Darlegungen interessieren. E. Field Horine fühlt sich zu Religionen des Ostens wie dem Sufismus hingezogen, ja eigentlich zu vielen Religionen, nur nicht zu den etablierten Kirchen.
Das umfangreiche Buch (es hätte einige Kürzungen vertragen) bietet für fast jedes Interesse etwas. Es ist die Geschichte eines Mannes, der mit offenen Augen und offenem Herz fast alle Kontinente aufmerksam bereiste, Wichtiges erlebte und bis heute ein Rebell geblieben ist.
ORB, 20.15 Uhr, TV-Komödie
Benno macht Geschichten (Teil 1+2).
Lausbubengeschichten made in DDR. Der kleine Benno langweilt sich, denn seine Eltern haben wenig Zeit. Um so begeisterter ist er, als er Rentner Oskar kennen lernt. Eine Freundschaft wird besiegelt. Der Familienfilm aus dem Jahre 1982 ist schon durch seine Besetzung sehenswert: Erwin Geschonneck, Agnes Kraus, Wolfgang Greese, Walfriede Schmitt - und Torsten Rennert als pfiffiger Benno. (Bis 21.25 Uhr. Teil 2. 22 Uhr bis 23.15 Uhr)
Deutschlandfunk. 20.10 Uhr, Studiozeit
Zwischen Gelsenkirchener Barock und klösterlicher Einfachheit. Der wichtigste Raum ist nach wie vor das Wohnzimmer. Das soll gemütlich sein, geselligkeitsför dernd und praktisch. Aber während Kulturkritiker und Sozialreformer seit rund 100 Jahren schlichtes und zweckmäßiges Design propagieren, findet diese Form des Wohnens nur bei einer Minderheit Anklang. (Bis 21 Uhr).
E. Field Horine: Auflehnung Treue. Odyssee eines amerikanischen Querdenkers. Fouque Verlag, 701 Seiten, Broschur, 36,80 DM
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.