Stets sauber und an der Seite des Guten
Bürgerbund-Chef zieht gegen den Berliner Bund der Steuerzahler ins Feld
Von Peter Kirschey
Weitgehend unbeachtet vom großen Stadtgeschehen zieht eine kleine Partei ihre Kreise und schafft es von Zeit zu Zeit immer wieder, sich in die Volksseele einzuschmeicheln und zu Schlagzeilen aufzusteigen. Die Partei «Bürgerbund» mit ihrem Chef Werner Notz ist immer dann da, wenn es darum geht, furchtlos die Rechte des kleinen Mannes und der kleinen Frau zu verteidigen. Diesmal kämpft Werner Notz gegen Günter B. J. Brinker. Beide gehören dem Bund der Steuerzahler an, der bundesweit knapp eine halbe Million und in Berlin etwa 15 000 Mitglieder hat. Brinker ist Berliner Vorstandsvorsitzender und Notz gehört dem Verwaltungsrat an. Und wieder einmal hat der Bürger bund-Boss Notz eine propagandistische Marktlücke erkannt, eine fürchterliche Sauerei enthüllt und sich damit in die Her zen der Steuerzahler einmassiert.
Denn wenn es um Geld geht, reagiert der Bürger zu Recht sensibel, besonders dann, wenn es sich um den Bund der Steuerzahler handelt, der ein waches Auge auf die Verschwendungssucht der Politik halten soll. Der Sachverhalt: Vor einem Jahr hatte der Berliner Steuerzahlerbund - auch mit der Stimme von Notz - beschlossen, an Brinker, der bis dahin ehrenamtlich tätig war, wegen hohen Ar beitsaufwandes eine Sonderzahlung für 1999 zu entrichten. Ein ähnlicher Beschluss wurde mehrheitlich - ohne Notz - für das Jahr 2000 gefasst, weil Brinker faktisch die Arbeit eines hauptamtlichen Vorstandsmitgliedes übernommen hatte. Die Summe für beide Jahre soll 144 000 Mark betragen. Hier nun trat Verwaltungsratsmitglied Notz im Oktober in Ak tion. Er ging an die Presse, prangerte an, entlarvte und forderte den Verwaltungsrat zum Rücktritt auf. Es folgten Unterlassungsklagen, Dementis und Gegendar Stellungen. Dem Steuerzahlerbund entstehen nach eigenen Angaben keine zusätzlichen Aufwendungen, da gleichzeitig 200 000 Mark des erkrankten Vorstandsmitglieds eingespart wurden.
Die Presse griff auf, was Notz ihnen ser vierte. Von einem gierigen Steuerzahler Präsidenten war die Rede, der immer den Zeigefinger erhebt und nun selbst abkassieren will. Notz hatte es geschafft. Er war wieder drin.
Kenner der Szene vermuten allerdings einen ganz anderen Grund für den Notz- Vörstoß: Er möchte in einem Handstreich den einflussreichen Bund der Steuerzahler erobern, um so besser mit seiner Mini- Partei in die Öffentlichkeit zu gelangen. Möglich könnte auch sein, dass der Bund der Steuerzahler in Misskredit gebracht und somit als kritische Stimme ausgeschaltet werden soll. Bei der Übernahme seiner Partei soll es ähnlich zugegangen sein: Gegner ausschalten und sich selbst an die Spitze setzen. Kritiker glauben zu wissen, dass die theoretischen Arbeiten des bayerischen Vollblutagitators Notz über den «Bürgerstaat» schlichtweg abgekupfert sind.
Wenn der wortgewaltige Notz in Aktion tritt, dann fliegen die Fetzen. So hatte er die Machenschaften des Geschäftsführers der Olympia GmbH, Axel Nawrocki angeprangert. Auch bei dem ersten Versuch der Länderehe Berlin-Brandenburg stand er auf der Seite der Ablehnungsfront, die ja dann auch gesiegt hatte. Beim Ex-Bür germeister Walter Momper (SPD) hatte Notz einst zwei Personenschützer ausgemacht, die ihm als Privatperson gar nicht zustünden. Die Herzen der Schüler eroberte er sich, als er den Einsatz von Schülern zu Putzdiensten ablehnte, schließlich fand der unheimlich aktive Bürgerbund- Chef auch noch Sympathien bei national gesinnten Charlottenburgern, als er sich gegen die Umbenennung der «Reichssportfeldstraße» stark machte. Sein Bür gerbund war auch sonst recht anfällig für rechte Parolen. Doch viel hat es der Partei bisher nicht gebracht. Bei den Wahlen 1995 und 1999 wurde der Bund immer nur unter «Sonstige» summiert.
Der aktuelle Krieg mit dem Berliner Bund der Steuerzahler wird am 9 Nover ber in die nächste Runde gehen. Dann tagt die Mitgliederversammlung. Die laut angekündigte Klage gegen den Steuerbund soll Notz inzwischen zurückgezogen haben. Es scheint mit der feindlichen Über nähme wohl nicht zu klappen.
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