"Schumi"-Liebe im rosa-roten Land

Jung-Profi Stefan Schumacher übernahm beim 89. Giro das Rosa Trikot

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Italiener lieben Schumacher, den großen, bei Ferrari angestellten, sehr. Den kleinen - Ralf -, weil er der Bruder des großen ist. Jetzt haben sie einen dritten Schumacher gefunden: Stefan Schumacher. Der ist nicht verwandt mit »Schumi I« und »Schumi II«. Doch er fährt Rennen, Radrennen. Und Radrennen lieben die Italiener ungefähr genauso stark wie Autorennen, vielleicht sogar noch ein wenig mehr.
»Schumi III« kennen die Italiener schon seit einigen Jahren. Als Jungprofi hatte Stefan Schumacher über sich bereits einen Artikel in der »Gazzetta dello Sport« - nur des Namens und der Betätigung im Rennsport wegen.
Zum Auftakt des Giro d'Italia 2006 rückte der 24-jährige Stefan Schumacher erneut in den Mittelpunkt des Interesses. Eine halbe Stunde lang war er der Sieger des Prologs. Er hatte zwischenzeitlich Bestzeit erzielt, bevor ihm Bradley McGee (Australien) zwei Sekunden und später Paolo Savoldelli (Italien) 13 Sekunden abnahmen. Aber er hatte schon mal am Rosa Trikot des beim Giro Gesamt-Führenden geschnuppert. Und die italienischen Journalisten überschlugen sich.
Am Montag ist Stefan Schumacher nun tatsächlich ins maglia rosa gefahren. Im Stile eines Paolo Bettini - wofür ihn die Italiener noch mehr lieben - fuhr der Profi vom Team Gerolsteiner dem Feld bei der hügligen Ankunft der dritten Etappe in Namur davon.
Eine abwechslungsreiche Karriere hat damit ihren bisherigen Höhepunkt gefunden. Denn der junge Nürtinger hat in seiner Laufbahn bisher vor allem die Bitterkeit unerwarteter Rückschläge auskosten müssen. Als Nachwuchsmann wurde er schnell von Team Telekom unter Vertrag genommen. Gleich im ersten Jahr, als er schlappe 20 Jahre alt war, hatte er zwar die Nachwuchswertungen der Friedensfahrt (in der Gesamtwertung war er Siebenter), und die Niedersachsen-Rundfahrt (Gesamt-Zehnter) gewonnen, war jedoch nach der nächsten Saison wegen einer Erkrankung vom Team entlassen worden. Mit 22 Jahren drohte das Ende des Traums vom Profi-Sein.
Über den drittklassigen Rennstall Lamonta und das zweitklassige Team Shimano diente er sich wieder nach oben. Seine Erfolge dort - darunter Sieger der Rheinland-Pfalz- und der Niedersachsen-Rundfahrt - machten aber auch misstrauisch. »Den sportlichen Leitern der großen Mannschaften war es nicht ganz geheuer, wie einer, der bei Team Telekom rausgeflogen war, plötzlich so gute Leistungen erzielte«, blickte er zurück. Er versuchte, zu erklären, warum es zwei Jahre dauerte, bis er wieder mit einem GS-I-Rennstall handelseinig wurde.
Vor der Verpflichtung beim Team Gerolsteiner wartete aber noch einer weiterer Tiefschlag auf ihn. Er hatte ein Medikament genommen, das Dopingsubstanzen enthielt, aber nicht auf der Dopingliste stand. Der Radsport-Weltverband UCI entband ihn nach Monaten der Ungewissheit schließlich vom Doping-Vorwurf. Schumacher gilt als nicht Doping-vorbelastet.
In diesem Frühjahr deutete er bereits mit dem Sieg der Sarthe-Rundfahrt Anfang April seine starke Form an. Geholfen hat ihm paradoxerweise die Rennpause im letzten Jahr. »Seit Juni 2005 bin ich keine Rennen mehr gefahren, habe nur trainiert und trainiert. Selbst im Winter habe ich nicht aufgehört, sondern die Belastungen noch erhöht«, ist im Branchendienst radsport-news.com. nachzulesen.
Der Lohn ist nun das Rosa Leibchen beim Giro d'Italia. - und die Gewissheit, dass die Italiener inzwischen auch den Vornamen von »Schumi III« kennen.

3. Etappe, Perwez - Namur (292 km): 1. Schumacher (Nürtingen) 5:14:41, 2. Vigil (Spa) + 2 s, 3. Rebellin + 6, 4. Bettini (beide Ita), 5. Gilbert (Bel), 6. Voigt (Berlin) alle gl. Zeit, ... 22. Pollack (Kolkwitz) 13, 107. Ullrich (Scherzingen) + 55.
Gesamtwertung: 1. Schumacher 10:14:04, 2. Savoldelli (Ita) + 13 s, 3. Rebellin + 23, 4. Palacios (Spa) + 29, ... 6. Gontschar (Ukr) + 31, 12. Voigt + 38, 15. Pollack + 41, 98. Ullrich + 1:51 min.
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