Nur Potsdam erhielt Zuschlag als WM-Quartier

Belegschaft des Seminaris Seehotels paukt Vokabeln für die ukrainische Nationalmannschaft

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: 2 Min.
»Wir haben ein WM-Team!« Mit dieser Schlagzeile machte der »Seminarisexpress«, die Quartalszeitschrift der Seminaris Hotels & Tagungszentren, Anfang des Jahres in dicken Lettern auf. Das Potsdamer Seehotel hatte den Zuschlag für die Nationalmannschaft der Ukraine erhalten. Diese Tatsache allein ist schon bemerkenswert. Zudem bekamen die Brandenburger als einzige Unterkunft im Osten ein Team ab. »Natürlich sind wir darauf sehr stolz«, sagt Hoteldirektor Hartmut Pirl. »Wir haben viele Fußballfans unter unseren Mitarbeitern. Wir wollen den Ukrainern ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich machen.« Seitdem feststeht, dass die WM Station in Potsdam macht, ist An der Pirschheide 40 einiges anders. »Das Medieninteresse ist kurioserweise international fast größer als regional. Selbst Reuters und ein japanischer Sender waren schon im Haus«, erzählt der 47-jährige Pirl. Dass es »nur« die Ukraine geworden ist, stört Betriebswirt Pirl nicht: »Mir wäre jedes Team recht gewesen.« Selbst die USA mit der Sicherheitsproblematik oder Japan mit den speziellen Speisen hätte Pirl für denkbar gehalten. Der Weltfußball-Verband FIFA hat das Hotel erst einmal vom 9. bis 29. Juni geblockt. Es sei der Wunsch der Ukraine, solange wie möglich in Potsdam zu logieren. In der Vorrundengruppe H müssen die Kicker um den AC-Mailand-Star Andrej Schewtschenko gegen Spanien in Leipzig (14. Juni), Saudi-Arabien in Hamburg (19. Juni) sowie Tunesien in Berlin (23. Juni) antreten. Ähnlich wie die Spieler bereiten sich auch die Mitarbeiter im Seehotel Potsdam auf die Welttitelkämpfe vor. »Ich nehme vor dem Einschlafen immer ein Vokabelbuch zu Hand. Das ist eine Frage der Sympathie«, sagt Hartmut Pirl, der während des Studiums ins Leipzig reichlich mit der russischen Sprache zu tun hatte. Für die Angestellten wurden Vokabellisten erstellt. »Niemand soll perfekt Ukrainisch sprechen, das dem Russischen sehr nahe kommt. Aber die Begrüßungsformeln müssen sitzen«, fordert Hartmut Pirl. Während der WM wird das Hotel weiterhin für Normalkunden nutzbar sein. Der Uferweg, auf dem die WM-Spieler theoretisch zum rund zehn Minuten entfernten Trainingsgelände im Stadion am Luftschiffhafen laufen können, bleibt öffentlich. Die ukrainische Delegation hat jedoch einen der drei Hotelflügel mit rund 50 Doppelzimmern komplett für sich zur Verfügung. Auf ihren Zimmern werden die Akteure russisches und ukrainisches Fernsehen empfangen und Tee zubereiten können. Sicherheitsbedenken hat Direktor Hartmut Pirl nicht. Das Hotel werde eng mit der Polizei, dem Bundeskriminalamt und einem privaten Dienstleister zusammenarbeiten. Wie nah die Ukrainer ihre eigenen Fans an sich heranlassen, sollen sie selbst entscheiden. Dass die deutsche Mannschaft im feudalen Schlosshotel im Berliner Grunewald logiert, kann Hartmut Pirl kaum verstehen. »Als Gastgeber sollte man sich nicht das beste Hotel aussuchen.«
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