Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Braucht Deutschland wirklich mehr Kinder?

  • Lesedauer: 3 Min.

Immer hört man, dass wir in Deutschland wieder mehr Kinder brauchen, damit die Renten sicher bleiben und für die Arbeitenden die Belastung nicht zu groß wird. Ein reicher Kindersegen gilt hierzulande als Glück für die Gesellschaft (in China übrigens nicht!).

Nun hat auch das Bundesverfassungsgericht in ähnlicher Argumentation entschieden, dass die Beiträge zur Pflegever Sicherung nach Anzahl der Kinder in einer Familie bemessen werden sollen um wieder mehr Bürger zum »Kinderkriegen« zu veranlassen. Wird hier tatsächlich gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen? Oder werden hier Kinder auf einen materiellen Zweck reduziert?

Schon heute zahlen Unverheiratete und Familien ohne Kinder - darunter gut zwei Millionen, die ungewollt kinderlos sind - höhere Steuern als alle anderen. Daraus wird zum Beispiel das Kindergeld bezahlt, das Familien mit Kindern als staatliche Unterstützung erhalten.

Nun also sollen die Kinderlosen ein weiteres Mal geschröpft werden! Warum will uns der Staat nun drängen beziehungsweise zwingen, möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen? Warum hat er dann erst vor einigen Jahren die Abtreibung erleichtert und wirbt unter Jugendlichen für Verhütungsmaßnahmen (Pille, Kondom)? Soll der Staat doch einfach Abtreibung und Verhütung verbieten, dann würde sich das Kinderproblem wohl rasch von alleine lösen!

Aber das ist nicht mein Ernst; ich meine, dass zum Kinderkriegen und Kinder aufziehen mehr gehören als nur die biologische Reife und der finanzielle Aspekt. Wie heißt es so schön: Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr!

Es ist doch nicht zum Schaden der geborenen Kinder, wenn sich ihre Eltern auf ein oder zwei Kinder beschränken möchten, denen sie dann auch vernünftige Lebensbedingungen bieten können, statt zehn Kinder zu gebären, die allesamt an der Armutsgrenze leben müssen.

Ich möchte die Verfassungsrichter fragen, wieso eigentlich die im Grundgesetz verankerte freie Entscheidung des Einzelnen nicht berücksichtigt wird und Bürger zum Kinderkriegen genötigt werden sollen, nur um höhere Steuern zu sparen. Wer jedoch wird diesen Kindern einen ak zeptablen Lebensstandart garantieren, wer garantiert ihnen eine glückliche Kindheit, wer besorgt ihnen eine Lehr stelle und einen Arbeitsplatz?

Wir haben schon vier Millionen Ar beitslose in Deutschland, die wir nicht versorgen können. Wenn wir den allen Arbeit verschaffen könnten, könnte man mit den eingesparten Arbeitslosengeldern und den Abgaben der Berufstätigen die Rentenkassen und die Kassen anderer Sozialsysteme füllen. Ich meine, es wäre besser für unser Land, wenn die Bevölkerung nicht weiter steigt, sondern sinkt, und wer mit den Renten dagegen argumentiert, der zäumt das Pferd am Schwänze auf! Wenn dieses Rentensystem nichts taugt, dann soll man es ändern (staatliche Grundrente plus freiwillige Privatrente) und nicht Kinder zeugen lassen, die eigentlich niemand wollte. Aber das kriegt wohl auch diese Regierung nicht hin.

Jakob Tangen Per E-Mail

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.