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Gunst der Stunde nutzen
Alexander Ludewig findet einen positiven Aspekt an der WM 2022
Die Reaktion von Hassan Al-Thawadi auf die umfangreiche Dokumentation von Amnesty International über die sklavenähnlichen Bedingungen der Arbeiter in Katar war symptomatisch. »Die Sicherheit, Würde und Gesundheit eines jeden, der an der WM mitarbeitet« sei gesichert. Durch eine Arbeiter-Charta, und das schon seit März. Al-Thawadi ist Generalsekretär des Organisationskomitees der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar.
Das Erschreckende in seiner Aussage ist zugleich der einzig positive Aspekt an diesem Großereignis in neun Jahren. Auch wenn selbst das nicht der Wahrheit entspricht, aber Al-Thawadi garantiert menschenwürdige Bedingungen auf den WM-Baustellen. Dass aber überhaupt die Zustände in Katar in der westlichen Welt wahrgenommen werden, liegt einzig und allein an der Fußball-Weltmeisterschaft. Noch vor drei Jahren hätte es ein Bericht über miserable Arbeitsbedingungen in dem Emirat wohl kaum in die Nachrichten, geschweige denn auf irgendwelche Titelseiten geschafft.
So schnell wie die Empörung in den europäischen Demokratien anschwillt, lässt ihr Interesse aber leider auch wieder nach. Deshalb heißt es jetzt, die Gunst der Stunde zu nutzen. Unter dem Druck der großen Öffentlichkeit lässt sich Katar sicher die eine oder andere Verbesserung für seine billigen Leiharbeiter abringen.
Gleichzeitig könnten die anhaltenden Diskussionen sogar beim ignoranten Fußballweltverband etwas bewegen. Im Fall von Katar verweist die FIFA nach wie vor dreist auf die dort geltenden Gesetze. Als gemeinnütziger Verein mische man sich doch nicht in Staatsangelegenheiten ein. Nach den Berichten von Amnesty International über Zwangsarbeit und Ausbeutung in Katar forderte die FIFA Verbesserungen, halbherzig und gezwungenermaßen: »Es gibt keine konkrete Deadline, bis die Veränderungen umgesetzt sein müssen.« Seine generösen Geldgeber will der Weltverband eben nicht allzu sehr verärgern.
Mit der Abwehr von notwendigen Reformen im eigenen Haus, dürfte sich die FIFA schwerer tun. Die Forderung, dass Menschenrechtsfragen künftig ein Vergabekriterium sein sollen, muss sie immerhin schon diskutieren.
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