Aus für schlechte Kliniken
Ersatzkassenverband will Qualitätsmängel bei Operationen nicht länger bezahlen
In den Niederlanden und Kanada kann man in kritischen Jahresberichten zum Gesundheitswesen nachlesen, wie es um die Qualität der Leistungen steht. Im US-amerikanischen Bundesstaat New York findet jedermann die Namen der Herzchirurgen im Netz, welche die meisten Todesfälle verursachen. In Dänemark wird öffentlich vor schlechten Ärzten gewarnt.
Auch in Deutschland gäbe es Grund zur Kritik, doch die wird nur sporadisch geäußert - etwa, wenn es Skandale wie bei Organtransplantationen oder Herzklappen gibt, wenn in einer Klinik die multiresistenten Keime fröhliche Urständ› feiern oder die Zahl der Aortenklappeneingriffe plötzlich so rasant zunimmt, dass dahinter eher monetäre als medizinische Gründe zu vermuten sind. Das Berliner iges-Institut stellte gestern in Berlin seine Analyse der Leistungsqualität in Krankenhäusern vor und machte im Auftrag der Ersatzkassen, zu denen die Barmer GEK, Techniker Krankenkasse und DAK gehören, gleichzeitig Vorschläge zur Verbesserung. Es hatte einige Klinikleistungen miteinander verglichen und unter anderem herausgefunden, dass das Risiko einer Wundinfektion nach dem Einsatz eines neuen Hüftgelenks in vielen Krankenhäusern gleich Null ist, während in einigen bis zu fünf Prozent aller Patienten betroffen seien. Bei Eingriffen an den Eierstöcken können die besten Kliniken das Organ fast immer erhalten, während das den schlechtesten nur in 70 Prozent der Fälle gelingt. Für einen Patienten ist es vor einem geplanten Eingriff schwer bis unmöglich, diese Fakten herauszufinden und seine Entscheidung für ein Krankenhaus an der dort geleisteten Qualität auszurichten. Schon vor Jahren wurde der Versuch unternommen, das Klinikgeschehen transparent zu machen, und die Häuser wurden zur Veröffentlichung sogenannter Qualitätsberichte verdonnert. Doch die kann nur verstehen, wer sich in der Medizin auskennt. Dem Patienten bleiben sie ein Buch mit sieben Siegeln. Auch das iges-Institut nennt die Namen schlechter Kliniken nicht.
Aber: »Schlechte Qualität wollen wir unseren Versicherten nicht mehr zumuten - wir wollen sie aber auch nicht mehr bezahlen«, bekräftigte die Vorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner. Das bedeute, »dass wir Leistungen, die nachweisbar in schlechter Qualität erbracht werden, auch von der Versorgung ausschließen müssen«. Damit dürfte das eine oder andere Krankenhaus seine Existenzberechtigung verlieren - eine Forderung, die bereits kürzlich der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen aufgestellt hatte. Die Ersatzkassenchefin positionierte sich mit den Überlegungen ihres Verbandes klar gegen die jüngste Übereinkunft von SPD und CDU, schlechte Qualität in Krankenhäusern geringer zu vergüten.
Zum Forderungskatalog der Ersatzkassen gehört die Festlegung bestimmter Mindeststandards für die Qualität von Operationen. Sollten diese nicht eingehalten werden, hätten die Häuser eine zweijährige Chance, das zu ändern. Andernfalls drohe der Ausschluss dieser Leistung aus der kollektiven Versorgung, das heißt, das Krankenhaus bekommt sie von den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr vergütet. Bei den unverständlichen Qualitätsberichten soll es einen zweiten Anlauf geben. Sie müssten »verständlicher und transparenter für die Patenten« aufbereitet werden, heißt es bei den Ersatzkassen. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sollten in Universitätskliniken auf ihre Wirksamkeit untersucht und erst bei entsprechenden Nachweisen in die Praxis aller Krankenhäuser übernommen werden.
Lassen sich die Vorschläge in die Realität übertragen, würden erstmalig Konsequenzen aus der unterschiedlichen medizinischen Qualität der Leistungen aller Krankenhäuser gezogen. Das wäre ein Lichtblick, nicht nur für die 26 Millionen Mitglieder der Ersatzkassen, sondern für alle gesetzlich Krankenversicherten.
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