Zuppeln am Rockzipfel
Markus Drescher über Macht und Ohnmacht der CDU-Basis
Die für den Betrachter unendlich ermüdenden Koalitionsverhandlungen haben doch auch etwas Gutes. Man merkt, die CDU besteht tatsächlich aus mehr als nur der Kanzlerin Angela Merkel. Das hatte man nach dem Wahlkampf, der außer der Merkelschen Raute und ihrem Kopf in Großaufnahme nichts zu bieten hatte, schon fast vergessen.
Plötzlich tauchen da Unterhändler auf und jetzt sogar die Basis. Nicht, dass das CDU-Fußvolk wie die Genossen bei der SPD etwa am Ende mitbestimmen dürfte. Nein, als eine Art Humandrohkapital wird es in die abschließenden Verhandlungsschlachten geführt. Tobende Säle sollen die sozialdemokratischen Knie schlottern lassen. So das Kalkül.
Doch was, wenn damit auf einmal ein schlafender Riese geweckt wird, der am Ende nicht die SPD, sondern die eigene Partei das Fürchten lehrt? Denn richtig furchteinflößend ist eine Basis, die zwar schimpfen, aber nicht mitbestimmen kann, nun wirklich nicht. Die seit Jahren zu bloßen Statisten Verdammten dieser Merkel-CDU könnten plötzlich aufwachen und -begehren. Wir sind das Parteivolk! Oder so ähnlich.
Kaum vorstellbar, dass die Kanzlerin Lust darauf hat, dass ihre Allmacht der Beliebigkeit eingeschränkt wird. So wird dieser Spuk mit Sicherheit bald beendet. Und die kleinen Basischristdemokraten werden dahin zurückverwiesen, wo sie Merkel am liebsten hat. An Muttis Rockzipfel.
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