An Nasenbrüche gewöhnt man sich
Sven Bender avanciert im Champions-League-Spiel gegen Neapel zum Dortmunder Helden
Als das nervenaufreibende Kräftemessen mit dem SSC Neapel erfolgreich über die Bühne gebracht war, wanderte Jürgen Klopps erster Blick in das Gesicht von Sven Bender. Mit seiner in der 18. Minute gebrochenen Nase, die Bender, als wenn da gar nichts wäre, bis zum Abpfiff in jeden Zweikampf, in jedes Kopfballduell steckte, war Dortmunds blutverschmierter Defensivmann zum Helden des Abends avanciert. »Es war ein Spiel zum Genießen, wenn auch nicht zum Zurücklehnen und Genießen«, urteilte Dortmunds Trainer Klopp nach dem wüsten 3:1 gegen die Italiener - und glaubte nach seiner Blitzinspektion bei Bender erkannt zu haben: »Diesmal scheint die Nase zumindest nicht schief zu stehen.«
Der Hinweis auf dieses medizinische Detail war angebracht. Denn das Gesicht des gebürtigen Rosenheimers, den alle nur »Manni« rufen, hat in der jüngeren Vergangenheit einiges mitgemacht: Vor zwei Jahren erlitt Sven Bender in London einen doppelten Kieferbruch, es folgten eine Augapfel- und Jochbeinprellung sowie zwei Nasenbeinbrüche. Ein neapolitanischer Ellenbogen sorgte nun für Nummer drei, so dass sein Trainer seufzte: »Manni hat darin Übung - leider.«
Gruppe A
Leverkusen - Manchester United n. Red.
Donezk - San Sebastián n. Red.
Gruppe B
Real Madrid - G. Istanbul n. Red.
Turin - Kopenhagen n. Red.
Gruppe C
Anderlecht - Benfica Lissabon n. Red.
Paris - Olympiakos Piräus n. Red.
Gruppe D
ZSKA Moskau - FC Bayern n. Red.
Manchester City - Plzen n. Red.
Gruppe E
Steaua Bukarest - Schalke 0:0
FC Basel - FC Chelsea 1:0 (0:0)
1. FC Chelsea 5 11:3 9
2. FC Basel 5 5:4 8
3. FC Schalke 04 5 4:6 7
4. Steaua Bukarest 5 2:9 3
Gruppe F
Arsenal - Marseille 2:0 (1:0)
Dortmund - Neapel 3:1 (1:0)
1. FC Arsenal 5 8:3 12
2. Borussia Dortmund 5 9:5 9
3. SSC Neapel 5 8:9 9
4. Olympique Marseille 5 4:12 0
Gruppe G
St. Petersburg - A. Madrid 1:1 (0:0)
Porto - Austria Wien 1:1 (0:1)
Gruppe H
Celtic Glasgow - AC Mailand 0:3 (0:1)
Amsterdam - FC Barcelona 2:1 (2:0)
Reichlich Übung hat inzwischen auch Jürgen Klopp - beim Erfinden immer neuer Konstellationen in seiner Verteidigung. Die Verletzungen von Neven Subotic, Mats Hummels und Marcel Schmelzer plus der Umstand, dass der eigens neu verpflichtete Manuel Friedrich in der Champions League nicht spielberechtigt ist, spülten jetzt den Ex-Bremer Sokratis ins Abwehrzentrum. An der Seite des Dortmunder Oberindianers mit der blutenden Nase zeigte der Grieche eine bestechende Leistung, war neben Bender und dem groß aufspielenden Henrikh Mkhitaryan bester Akteur Dortmunds - und mitverantwortlich dafür, dass die Westfalen am 11. Dezember mit einem Sieg in Marseille das Achtelfinalticket lösen können. Trotz ihrer unglaublichen Schludrigkeit vor dem Tor des SSC.
»Wir wollen unseren Champions-League-Traum allen Unkenrufen zum Trotz weiterleben«, erklärte Übungsleiter Klopp mit einem Pathos, das den vorangegangen drei Niederlagen gegen Arsenal, in Wolfsburg und gegen die Bayern geschuldet war. Borussias vorerst letzter Gegner in der Königsklasse ist - nach einem 0:2 in London - in der enorm anspruchsvollen Gruppe F weiterhin ohne Punkt. Was die vorweihnachtliche Aufgabe am Mittelmeer für den BVB aber nicht leichter macht. »Olympique hat eine sehr starke Mannschaft und will sicher nicht mit null Punkten aus der Champions League ausscheiden«, warnte Klopp vor aufkeimendem Leichtsinn, betonte aber auch: »Wir haben die perfekte Ausgangsposition, und die müssen wir nutzen.«
Wenn ihn bis dahin nicht der Blitz trifft, wird sich beim Showdown in Marseille auch der gelernte Mittelfeldspieler Sven Bender wieder voll ins Zeug legen. »Er ist ein harter Hund, der stellt sich schon am Samstag in Mainz wieder hinten rein«, glaubt Kapitän Sebastian Kehl sogar. Weil die Wattepfropfen immer wieder aus seiner gebrochenen Nase rutschten, musste Bender gegen Neapel mehrfach an der Seitenlinie behandelt werden und seine blutgetränkte Oberbekleidung wechseln. »Ich habe mich gewundert, wo unser Zeugwart die ganzen Trikots herholt. Das letzte kam in der Halbzeit aus unserem Fanshop«, erzählte Klopp grinsend.
Mit großem Ernst huldigten seine Spieler parallel dazu ihrem schwarz-gelben Widerstandskämpfer. »Ein Riesenlob und ein Riesendank der Mannschaft an ihn. Ich weiß nicht, ob das jeder so durchgezogen hätte - sich auch später noch so in die Kopfbälle zu werfen und noch eins auf die Nase zu bekommen. Er ist ein absoluter Ausnahmeprofi, und wir sind froh, dass wir Sven in unseren Reihen haben«, zollte Torwart Roman Weidenfeller dem siebenmaligen Nationalspieler Respekt, wurde in punkto Lobgesang aber noch von Nuri Sahin übertrumpft. »Er ist ein unglaublicher Mensch, ein Vorbild. Er ist ein guter Junge, ein guter Freund. Ein Kamerad, wie man ihn sich wünscht - und jemand, auf den man sich verlassen kann«, schnurrte der defensive Mittelfeldspieler Benders Vorzüge atemlos herunter, ehe er seinen Vortrag mit dem Vorschlag schloss: »Heute hat Sven die Tapferkeitsmedaille verdient.«
Sahin selbst stünde dagegen ein Rechenschieber gut zu Gesicht. Trainer Klopp hatte der Mannschaft die komplizierte Tabellensituation am Tag zuvor extra erläutert. »Aber ehrlich gesagt«, räumte Sahin ein: »Ich hab’s nicht verstanden.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.