Weder Schloss noch A 100
Stephan Fischer über viele Seiten mit wenig Substanz zu Berlin
185 Seiten lang ist der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Nur die wenigsten Bürgerinnen und Bürger werden ihn lesen. Und spätestens bei Sätzen wie diesem steigen auch Politprofis gedanklich aus: »Wir nutzen vermehrt Wirkungsanalysen in der Phase der Entwicklung von politischen Maßnahmen sowie Evaluationen bestehender Gesetze und Programme, um die Wirksamkeit systematisch zu prüfen«, bekennen die Koalitionäre. Nun: »Wir denken nach, bevor wir etwas tun und schauen dann, ob es etwas gebracht hat«, klang dann wohl doch zu profan.
Die Abschnitte zu Berlin sind kürzer, wenn auch nicht von größerer Aussagekraft: »Der Bund bekennt sich zum Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg.« Ebenso hätte der Bund sich auch dazu bekennen können, dass es im Winter meist kälter als im Sommer ist.
Interessanter ist aber das, was nicht in Koalitionsverträgen steht: Während sich der Bund gerne als Spendenwerber für ein neues Stadtschloss betätigt und auch sonst sein Herz fürs Preußische zeigt (die Gärten! Die Schlösser! Der Kulturbesitz!), bleibt die Frage nach der Finanzierung des Ganzen natürlich unbeantwortet, ebenso, wer für die hauptstadtbedingten Sonderaufgeben Berlins aufzukommen hat. Aber so ein Koalitionsvertrag ist ja auch nicht so sehr den Fakten, sondern den Bekenntnissen verpflichtet.
Ein Bekenntnis zum Ausbau der A 100 gibt es übrigens nicht zu lesen. Nur folgenden Satz zu den Verkehrsnetzen »Unsere oberste Priorität lautet deshalb: Erhalt und Sanierung vor Aus- und Neubau.« Schön wäre es , wenn wenigstens dieses Bekenntnis Substanz hätte.
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