Weder Schloss noch A 100

Stephan Fischer über viele Seiten mit wenig Substanz zu Berlin

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

185 Seiten lang ist der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD. Nur die wenigsten Bürgerinnen und Bürger werden ihn lesen. Und spätestens bei Sätzen wie diesem steigen auch Politprofis gedanklich aus: »Wir nutzen vermehrt Wirkungsanalysen in der Phase der Entwicklung von politischen Maßnahmen sowie Evaluationen bestehender Gesetze und Programme, um die Wirksamkeit systematisch zu prüfen«, bekennen die Koalitionäre. Nun: »Wir denken nach, bevor wir etwas tun und schauen dann, ob es etwas gebracht hat«, klang dann wohl doch zu profan.

Die Abschnitte zu Berlin sind kürzer, wenn auch nicht von größerer Aussagekraft: »Der Bund bekennt sich zum Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg.« Ebenso hätte der Bund sich auch dazu bekennen können, dass es im Winter meist kälter als im Sommer ist.

Interessanter ist aber das, was nicht in Koalitionsverträgen steht: Während sich der Bund gerne als Spendenwerber für ein neues Stadtschloss betätigt und auch sonst sein Herz fürs Preußische zeigt (die Gärten! Die Schlösser! Der Kulturbesitz!), bleibt die Frage nach der Finanzierung des Ganzen natürlich unbeantwortet, ebenso, wer für die hauptstadtbedingten Sonderaufgeben Berlins aufzukommen hat. Aber so ein Koalitionsvertrag ist ja auch nicht so sehr den Fakten, sondern den Bekenntnissen verpflichtet.

Ein Bekenntnis zum Ausbau der A 100 gibt es übrigens nicht zu lesen. Nur folgenden Satz zu den Verkehrsnetzen »Unsere oberste Priorität lautet deshalb: Erhalt und Sanierung vor Aus- und Neubau.« Schön wäre es , wenn wenigstens dieses Bekenntnis Substanz hätte.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!